Demokratische Republik Kongo

Das trügerische Ende der Ära Kabila

Der kongolesische Präsident Joseph Kabila im Garten seines Privatpalastes in Kinshasa. Der 47-Jährige, der das Land seit 2001 regiert, hatte die Wahlen zwei Jahre lang verzögert.
Der kongolesische Präsident Joseph Kabila im Garten seines Privatpalastes in Kinshasa. Der 47-Jährige, der das Land seit 2001 regiert, hatte die Wahlen zwei Jahre lang verzögert.(c) APA/AFP/JOHN WESSELS
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Mit zwei Jahren Verspätung soll am 23. Dezember gewählt werden. Der Präsident schickt einen Vasallen ins Rennen, die Opposition befürchtet Wahlbetrug.

Kinshasa/Wien. Joseph Kabila gibt nur höchst selten Interviews. Und schon gar nicht den internationalen Medien, die über die oppressive Amtsführung und die Selbstbereicherung des kongolesischen Präsidenten und seiner Familie berichtet haben. Nun aber, kurz bevor er die Macht abgeben muss, lud der Staatschef einige renommierte westliche Medien ein, um die Welt vor den Wahlen am 23. Dezember zu besänftigen, darunter die britische BBC. Bilder zeigten ihn im Garten seines Privatpalastes auf einem der Hügel hoch über der Hauptstadt Kinshasa. Von seinem roten Ledersessel im Grünen aus versprach Kabila „perfekte Wahlen, ohne größere Probleme“.

Die Vorzeichen sehen wenige Tage vor dem Urnengang anders aus. Erst diese Woche gerieten in der südlichen Unruheregion Kasai Anhänger von Regierung und Opposition aneinander, es gab Dutzende Verletzte und mindestens einen Toten; die Stimmung im ganzen Land ist aufgeheizt. Der kongolesische Arzt Denis Mukwege fasste die Ängste seiner Landsleute so zusammen, als er am 10. Dezember in Oslo den Friedensnobelpreis entgegennahm: „Es gibt sehr wenig Vorbereitung für die Ausführung der Wahl, aber viel militärische Vorbereitung.“ Er befürchte, dass die Wahlen nicht fair und friedlich ablaufen könnten und dass „Unterdrückung, wenn nicht sogar ein Krieg gegen das eigene Volk“ vorbereitet werde.

Immer wieder verschoben

Es galt zunächst als Erfolg, dass die Präsidenten- und Parlamentswahlen (so sieht es derzeit jedenfalls aus) überhaupt zustande kommen. Laut Verfassung hätten sie im Dezember 2016 stattfinden müssen, die Regierung hatte den Termin aber immer wieder verschoben, offiziell wegen logistischer Probleme. Mehrfach gab es deshalb blutige Unruhen. Die Opposition warf Kabila, der sich nicht um eine weitere Amtszeit bewerben darf, vor, weiter an der Macht bleiben zu wollen. Tatsächlich scheint der 47-Jährige, der das Präsidentenamt 2001 nach der Ermordung seines Vaters übernahm, mit der Politik längst nicht abgeschlossen zu haben: In den Interviews mit den internationalen Medien deutete er an, sich 2023 womöglich erneut um das Amt des Staatschefs zu bewerben.

Seine Regierungspartei PPRD schickt einen loyalen Kabila-Anhänger ins Rennen: Emmanuel Ramazani Shadary. Der weitgehend charismafreie 58-jährige Ex-Vizepremier diente ab 2016 als Innenminister und verantwortete die Unterdrückung von Oppositionsprotesten. Deshalb hat die EU 2017 Sanktionen gegen ihn (und 14 weitere Funktionäre) verhängt, die erst kürzlich verlängert wurden. Nicht wenige glauben, dass er Kabilas Sessel warm halten soll, bis dieser wieder selbst kandidieren darf.

Starke Opposition

Von Seiten der Opposition kommt allerdings ernst zu nehmender Gegenwind in Gestalt von zwei Kandidaten, denen beide Chancen auf ein gutes Wahlergebnis nachgesagt werden. Martin Fayulu von der Partei Ecide wurde in den USA und Frankreich ausgebildet. Er arbeitete zwei Jahrzehnte lang für den US-Ölkonzern Exxon Mobil, bis er 2006 ins Parlament gewählt wurde. Vor fünf Wochen hatte die Opposition den 62-Jährigen als gemeinsamen Kandidaten präsentiert, aber der Plan, vereint in die Wahl zu gehen, hielt nur wenige Tage.

Dann erklärte auch der Felix Tshisekedi, Chef der größten Oppositionspartei UDPS und Sohn des Parteigründers Etienne Tshisekedi, seine Kandidatur. Der 55-Jährige hat sich mit einem weiteren Oppositionspolitiker, Vital Kamerhe, zusammengetan, den er zu seinem Premier machen will. Eine Umfrage der New York University sah die beiden Politiker im Oktober auf den zwei Spitzenplätzen der Beliebtheitsskala mit zusammen mehr als 50 Prozent Zustimmung.

Die Opposition misstraut dem Wahlprozess und fürchtet Betrug, Die Rahmenbedingungen sind ohnehin schwierig: Im Osten und Süden wüten Rebellengruppen. Zudem brach in dem 82-Millionen-Einwohner-Staat, der fast sieben Mal so groß ist wie Deutschland, neuerlich Ebola aus.

Die Regierung hat nun 105.000 elektronische Wahlmaschinen aus Südkorea gekauft, mit denen der Urnengang durchgeführt werden soll. Die Opposition glaubt, dass die Wahl in dem Land, wo nur neun Prozent der Bevölkerung über Elektrizität verfügen, damit leichter manipuliert werden kann. Vergangene Woche verbrannten in einem Lagerhaus außerdem 7000 der knapp 10.400 für Kinshasa vorgesehenen Wahlmaschinen. Sie sollen nun mit Computern aus den Provinzen ersetzt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2018)

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