Alexandre Benalla mit Diplomatenpass unterwegs

Warum konnte Alexandre Benalla  mit Diplomatenpässen reisen?
Warum konnte Alexandre Benalla mit Diplomatenpässen reisen?APA/AFP/BERTRAND GUAY
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Warum konnte der von Präsident Macron entlassene Sicherheitsbeauftragte noch im Dezember mit Diplomatenpässen reisen? Bei der neuen Affäre um den Problembeamten geht es um dubiose Afrika-Kontakte.

Paris. Als so lästig wie ein Klebstreifen, den er nicht loswird, erweist sich für den französischen Staatschef sein ehemaliger Mitarbeiter Alexandre Benalla. Dieser war im Juli in die Schlagzeilen geraten, weil er am 1. Mai in Paris mit Polizeimontur verkleidet Demonstranten „verhaftet“ und geschlagen hatte.

Emmanuel Macron hat bestimmt gehofft, die peinliche Affäre um seinen ehemaligen Sicherheitsbeauftragten sei mittlerweile vergessen. Doch kaum hat sich der schwere Konflikt mit den „Gelbwesten“ etwas gelegt, hat nun „Le Monde“ eine „zweite Benalla-Affäre“ in der weihnachtlichen Stille platzen lassen. Sie könnte für Macrons Image noch verheerender werden als die erste.

Ist Benalla definitiv eine Persona non grata im Élysée-Palast, wie dies dort beteuert wird? Er selber bestätigt im „Journal du Dimanche“, dass er mit gewissen Personen der Präsidentschaft weiterhin Kontakt halte.

In der neuen Affäre geht es um Benallas Reisetätigkeit. Hat er gelogen, als er Mitte September vor einem Senatsausschuss unter Eid erklärte, er habe die beiden Diplomatenpässe, die ihm nach der Wahl Macrons für seine Aufgabe im Bereich der Sicherheit und der Organisation der Reisen des Staatschefs ausgestellt wurden, im Élysée-Palast gelassen? Er behauptet, er habe diese Reisedokumente „im Oktober“ zusammen mit persönlichen Gegenständen ausgehändigt bekommen, als er seinen Ausweis für den Präsidentenpalast zurückgab. Er habe gefolgert, dass er die Pässe zu seinem „persönlichen Komfort“ weiter benutzen dürfe.

Dabei war Benalla längst schriftlich aufgefordert und im September erneut gemahnt worden, diese Diplomatenausweise, die ihm keinerlei strafrechtliche Immunität verleihen, dem Außenministerium zurückzugeben. Offenbar hat sich aber trotz des Medienwirbels keine Amtsstelle je um die effektive Rückerstattung bemüht. Niemand fühlte sich zuständig. Diese für die Öffentlichkeit schockierende Nachlässigkeit wird nur noch durch den Dilettantismus bei der Koordination an der Staatsspitze überboten. Das Präsidentenamt und das Außenministerium schieben sich gegenseitig die Schuld zu.

Veruntreuung vermutet

Benalla musste bereits mit einer Strafverfolgung wegen Gewalt gegen Demonstranten sowie missbräuchlicher Verwendung der Polizeiausrüstung am 1. Mai und wegen der illegalen Beschaffung von Videoaufnahmen öffentlicher Überwachungskameras rechnen. Am Samstag hat die Staatsanwaltschaft aufgrund der jüngsten Enthüllungen über die Reisen mit Diplomatenpässen eine Voruntersuchung wegen Veruntreuung oder unberechtigter Berufung auf Amtsvollmachten eröffnet.

Wozu aber dienten die „Geschäftsreisen“ von Macrons Ex-Vertrauten mit französischen Diplomatenpässen, die eigentlich seit der offiziellen Kündigung Ende Mai 2018 gar nicht mehr in dessen Besitz sein sollten? Die neue Episode bestärkt den Verdacht, dass dieser Ex-Protegé des Staatschefs bei seinen Kontakten mit Staatschefs in Afrika weiterhin seine Beziehungen spielen ließ.

Wenige Tage vor Macrons Auslandsreise in den Tschad traf Benalla in Begleitung des umstrittenen Geschäftsmanns Philippe Hababou Solomon in N'Djamena unter anderem Staatschef Idriss Déby. Nach Abstechern in die Türkei und nach Israel waren die beiden im Auftrag von nicht genannten Kunden auch in Kamerun und im Kongo. In Frankreich werden Erinnerungen an die neokoloniale Epoche der „Françafrique“-Politik wach, in der parallel zur Diplomatie und hinter den Kulissen ein „Monsieur Afrique“ des Élysées direkte Kontakte mit afrikanischen Potentaten unterhielt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.12.2018)

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