Terrormiliz greift Hotel in Kenia an

Ein Mitglied der Sicherheitskräfte deutet flüchtenden Menschen aus dem Gebäudekomplex den Weg.
Ein Mitglied der Sicherheitskräfte deutet flüchtenden Menschen aus dem Gebäudekomplex den Weg.(c) REUTERS (THOMAS MUKOYA)
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Bewaffnete Männer stürmten einen Gebäudekomplex in Nairobi. Die Attacke dauerte bis zum Abend an. Die somalische al-Shabaab-Gruppe reklamierte die Tat für sich.

Nairobi. Kenias Hauptstadt Nairobi ist am Dienstag Ziel eines groß angelegten Terroranschlags geworden. Am Nachmittag stürmten mehrere bewaffnete Männer im Vorort Westlands unweit des Stadtzentrums einen Büro- und Hotelkomplex. Die Attacke dauerte über mehrere Stunden. Mindestens sieben Menschen starben, zahlreiche weitere wurden verletzt. Die somalische Terrorgruppe al-Shabaab bekannte sich zum Anschlag.

Augenzeugen berichteten, es habe gegen 15 Uhr Ortszeit mehrere Explosionen gegeben, dann seien Schüsse zu hören gewesen. Anschließend seien Angreifer in die Gebäude eingedrungen. Nach Angaben der Polizei galt der erste Angriff einer Bank auf dem Gelände. Auch ein Selbstmordattentäter sei involviert gewesen, sagte der kenianische Polizeichef Joseph Boinett.

Sicherheitskräfte sperrten das Gebiet großräumig ab. Hubschrauber kreisten über dem Areal. Schwer bewaffnete Anti-Terror-Einheiten drangen in den Komplex vor, um die Angreifer „auszuschalten“, wie es von Seiten der Behörden hieß. Um wie viele Terroristen es sich handelte, blieb zunächst unklar. Augenzeugen berichteten von vier bis sechs bewaffneten Männern.

Innenminister Fred Matiang'i sagte am späten Dienstagabend, die Lage sei wieder unter Kontrolle. "Wir haben alle Gebäude gesichert, die von diesen Ereignissen betroffen waren." Matiang'i machte allerdings keine Angaben zur Zahl der Verletzten und möglichen Todesopfern. Sicherheitskräfte sicherten nun Beweise, erklärte er.

Verzweifelte Hilferufe über Twitter

In dem Komplex am Riverside Drive befinden sich neben den Büros mehrerer Firmen und einer Bank auch das Fünfsternehotel DusitD2. Der Rauch über dem Hotel war hoch über der Stadt zu sehen. Fernsehbilder zeigten brennende Autos am Eingang des Areals. Hunderte Menschen flohen panisch aus den Gebäuden oder wurden von Sicherheitskräften evakuiert. Einige Gerettete seien mit Schussverletzungen behandelt worden, berichteten Augenzeugen. Krankenhäuser riefen zu Blutspenden auf. Über den Kurznachrichtendienst Twitter flehten Menschen, die sich in ihren Büros oder auf Toiletten versteckt hielten, verzweifelt um Hilfe.
„Wir sind für die Attacke in Nairobi verantwortlich. Die Operation hält noch an. Wir werden Details später bekannt geben“, erklärte ein al-Shabaab-Sprecher am Nachmittag. Die Gruppe islamistischer Extremisten aus dem Nachbarland Somalia hat bereits verheerende Terroranschläge in Kenia verübt. So attackierten al-Shabaab-Kämpfer 2013 das Westgate-Einkaufszentrum, das sich nicht weit vom Dusit-Hotel befindet. Bei dem 80 Stunden dauernden Angriff auf die Shoppingmall töteten sie 67 Menschen.

Zwei Jahre später, im April 2015, folgte ein noch blutigerer Gewaltakt. Fast 150 Menschen, überwiegend Studenten, kamen ums Leben, als al-Shabaab-Kämpfer die Universität Garissa im Osten des Landes stürmten. Es war der bisher blutigste Anschlag der Terrorgruppe in Kenia. Zahlreiche kleinere Attacken gehen ebenfalls auf ihr Konto. So nahmen die Extremisten mehrfach Polizeiwachen im Nordosten des Landes ins Visier. Bei einer Explosion in einem Hotel in Mandera nahe der Grenze zu Somalia starben im Oktober 2016 zwölf Menschen.

Kampf gegen Regierung in Mogadischu

Hauptziel der mit dem Terrornetzwerk al-Qaida verbündeten Extremistenmiliz ist der Kampf gegen die somalische Regierung in Mogadischu. Al-Shabaab, was soviel wie „Die Jugend“ heißt, kontrollierte lange große Teile der somalischen Hauptstadt und andere Bevölkerungszentren des vom Bürgerkrieg zerrissenen Landes am Horn von Afrika. Den Großteil ihrer Anschläge verübt sie nach wie vor in Somalia. Doch die 22.000 Mann starke Militärmission der Afrikanischen Union (Amison) hat die Extremisten in den letzten Jahren stark zurückgedrängt.

Hintergrund der Anschläge in Kenia ist unter anderem das Engagement Nairobis in der AU-Mission. Genau am Dienstag jährte sich zum dritten Mal eine al-Shabaab-Attacke auf eine kenianische Militärbasis in El Adde, Somalia, bei der mehr als 140 Soldaten starben. Kenia beherbergt auch viele Flüchtlinge aus Somalia, die Regierung beziffert ihre Zahl mit derzeit über 320.000. (raa/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2019)

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