Kosovo: Strafzölle gegen Serbien sorgen für Führungsstreit

Der Druck auf Premier Haradinaj wächst.
Der Druck auf Premier Haradinaj wächst.APA/AFP/JOHN THYS
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Der Druck auf Premier Haradinaj wächst: Teile der Regierung sowie EU und USA verlangen immer vehementer die Aufhebung der hohen Importzölle für serbische Güter. Präsident Thaçi erläutert Plan für einen Gebietsaustausch.

Belgrad/Prishtina. Abends hü und morgens hott: Der Standpunkt seiner Regierung in Sachen Zölle auf serbische Importwaren habe sich „nicht geändert“, versicherte der Premier des Kosovo, Ramush Haradinaj, am Dienstagabend. „Die Zölle bleiben in Kraft.“ Erst wenn Serbien die Unabhängigkeit des Kosovo anerkenne, sei an deren Aufhebung zu denken. Am Mittwochmorgen schlug sein Kabinettschef Avni Arifi versöhnlichere Töne an: Die Regierung in Prishtina könnte deren „zeitliche Aussetzung“ für die Zeit beschließen, in der Serbien und der Kosovo „intensiv“ über ein Nachbarschaftsabkommen verhandeln.

Ein Ende des Eiertanzes und der widersprüchlichen Verlautbarungen im Kosovo ist nicht in Sicht. Der Richtungsstreit zwischen Regierungschef Haradinaj und Präsident Hashim Thaçi sowie der wachsende internationale Druck, die im Dezember eingeführten Importzölle wieder aufzuheben, werden für die brüchige Vierparteienkoalition in Prishtina zunehmend zur Belastung.

Warnung an Haradinaj

Nicht nur die EU, sondern auch die USA versuchen den Kosovo dazu zu bewegen, die Strafzölle aufzuheben: Denn andernfalls ist an die Wiederbelebung des festgefahrenen Dialogs zwischen Belgrad und Prishtina oder gar an das Zustandekommen eines Nachbarschaftsabkommens unter EU-Vermittlung kaum zu denken.

Mit seinem Plädoyer für einen Gebietsaustausch mit Serbien wirkt der vom Westen protegierte Präsident Thaçi im Kosovo zwar noch immer isoliert. Dessen Warnung an Haradinaj, dass dieser mit dem Festhalten an den Importsteuern die engen Beziehungen zur Schutzmacht USA gefährde, scheint nun aber auch in den Reihen der Regierungskoalition vermehrt Widerhall zu finden.

Egal, was Haradinaj beschließt: Neuer Ärger in der Koalition scheint garantiert. Er könne sich nicht vorstellen, dass der Premier gegen die Interessen der USA agieren könnte, ließ Außenminister Behgjet Pacolli von der Partei AKR verlauten.

Thaçi will Mitrovica behalten

Die größte Regierungspartei, PDK von Thaçi, hatte sich zwar lange gebrüstet, dass die Importzölle auf ihren Vorschlag eingeführt worden seien. Nun scheint sie aber auf US-Druck von dem kompromisslosen Haradinaj zunehmend abzurücken. Umgekehrt hat die kleine Nisma-Partei ihren Koalitionsaustritt angedroht, falls die Regierung die Importzölle gegen Serbien fallen lassen sollte.

Während Analysten in Prishtina warnen, dass der Streit zwischen Präsident und Premier die internationale Position des Landes schwäche, hat Thaçi seine Pläne für einen von Regierung und Opposition abgelehnten Gebietsabtausch erstmals näher erläutert. Im Tausch für Serbiens überwiegend albanisch besiedeltes Preševo-Tal will er nur einen Teil des überwiegend serbisch besiedelten Nordkosovo an Belgrad abtreten. Die geteilte Stadt Mitrovica sowie die Trepča-Mine und das Trinkwasserreservoir Gazivode sollten hingegen beim Kosovo verbleiben.

Seine Ankündigung, die Wiedervereinigung Mitrovicas sei ein „unaufhaltbarer Prozess“, löst im serbischen Norden Mitrovicas Empörung aus: Thaçi plane eine „ethnische Säuberung“, so Nordmitrovicas Bürgermeister, Goran Rakić.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2019)

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