In Venezuela bahnt sich ein Umsturz an. Bisher lebte der linke Autokrat Nicolás Maduro von der Unfähigkeit seiner Gegner. Doch Oppositionsführer Juan Guaidó, der sich zum Übergangspräsident ausrief, ist aus anderem Holz geschnitzt.
Hinter ihm ist eine weiße Wand, nichts als eine weiße Wand, kein Bild, kein Poster, kein Spiegel, nichts, was Aufschluss geben könnte über den Ort, an dem sich Juan Guaidó befindet, als er dem US-Sender Univisón am vorigen Donnerstagnachmittag ein Interview gibt. Gefilmt wird er von einem seiner engsten Mitarbeiter und übertragen wird das Gespräch über ein anonymes Handy. Dieses Interview und seine Umstände sind eine Vignette des venezolanischen Dramas dieser Tage: Juan Guaidó, der Mann, den die USA, Kanada und weite Teile Amerikas als den rechtmäßigen Staatschef der bolivianischen Republik anerkennen, muss sich verstecken wie ein Krimineller.
Und Nicolás Maduro, jener Mann, dem der Großteil der westlichen Welt als Wahlbetrüger und Diktator die Anerkennung verweigert, dessen direktes Umfeld des Drogenhandels und der Geldwäsche verdächtigt wird, hat immer noch alle Mittel, seinen jungen Kontrahenten verschwinden und foltern zu lassen.