Italien wirft dem NGO-Schiff vor, einen unnötigen und gefährlichen Weg in Richtung Italien gefahren zu sein. Sea-Watch wirft der EU-Gemeinschaft vor, das Seerecht zu brechen.
Nicht nur die deutsche Nichtregierungsorganisation (NGO) SeaWatch, auch die italienische Regierung wendet sich jetzt wegen des vor der Küste Siziliens blockierten Rettungsschiffes mit Migranten an Bord an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Die Regierung will dem Gericht ein Dossier vorlegen.
In dem Dossier bemängelt die Regierung das "kühne Verhalten" der Crew des Schiffes, das mit niederländischer Flagge unterwegs sei. Statt vor den hohen Wellen Schutz an der naheliegenden tunesischen Küste zu suchen, habe das Schiff eine lange Seefahrt in Richtung Sizilien unternommen und dabei das Leben der 47 Migranten an Bord des Schiffes aufs Spiel gesetzt. Die italienische Regierung verlangt die Anerkennung der Verantwortung der Niederlande für das Schiff. Rom erklärte sich bereit, einen humanitären Korridor zu organisieren, damit die 47 Migranten von den Niederlanden aufgenommen werden können.
"In Italien haben wir schon zu viele Migranten aufgenommen und dafür zu viel ausgegeben", sagte Innenminister Matteo Salvini laut Medienangaben vom Dienstag. Der italienische Verkehrsminister Danilo Toninelli, der für die italienischen Häfen zuständig ist, erklärte, dass die Regierung zur Einrichtung eines humanitären Korridors bereit sei, damit die Migranten Deutschland oder die Niederlanden erreichen können.
"Wir sind mit EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos in Verbindung. Wir haben die EU-Kommission geweckt, sie tut als würde sie diese Situation nichts angehen", kritisierte der italienische Vizepremier und Fünf Sterne-Chef Luigi Di Maio. Er beschuldigte die Schiffscrew, die Migranten unbedingt nach Italien bringen zu wollen, um Spenden zu sammeln. "Italien ist die Bühne der Migrationsproblematik. SeaWatch sammelt auf seiner Webseite Spenden", kritisierte Di Maio.
Die sizilianischen Justizbehörden haben indes Ermittlungen gegen Italiens Sozialdemokraten-Chef Maurizio Martina aufgenommen. Der Oppositionspolitiker war am Montag mit Parteispitzenpolitiker Matteo Orfini an Bord des Schiffes gegangen. Er trotzte somit einem Verbot der Hafenbehörde, sich dem Schiff zu nähern.
Auch Sea-Watch hat Eilverfahren gestartet
Sea-Watch hatte Montagabend erklärt: "Wir haben im Namen der Crew und eines Geretteten (...) ein Eilverfahren gestartet", so Sprecher Ruben Neugebauer. "Wir können nicht länger hinnehmen, dass die europäischen Staaten gemeinschaftlich das Seerecht brechen und wir können nicht akzeptieren, dass Seenotrettung von EU-Verhandlungen abhängig gemacht wird", sagte Neugebauer der Deutschen Presse-Agentur. Nähere Details zu dem Verfahren beim Gerichtshof sollten am Dienstag bekanntgegeben werden.
(APA)