Das Aus für den INF-Vertrag über die Zerstörung atomarer Mittelstreckenraketen scheint besiegelt. Russland betont trotzdem weitere Gesprächsbereitschaft mit den USA.
Moskau. Seit vielen Jahren ist Rüstungskontrolle das Metier von Sergej Rjabkow. Der russische Vizeaußenminister – schwarze Hornbrille, weißes Haar, exakter Seitenscheitel – verbringt einen Großteil seiner Arbeitszeit in Sitzungen hinter verschlossenen Türen. Sein Chef Sergej Lawrow steht üblicherweise im Rampenlicht. Doch seit dem angekündigten Ausstieg der USA aus dem Vertrag über die Verschrottung atomarer Mittelstreckenraketen (INF) und dem nachfolgenden Rückzug Russlands ist Rjabkows Dossier in aller Munde. Am Donnerstag legte er in Moskau die russische Sichtweise dar.
Mit der Aufkündigung des INF-Vertrags gerät ein zentraler Pfeiler der internationalen Rüstungskontrolle ins Wanken. Amerikaner und Russen scheint dieser Tage nur ein Faktor zu verbinden: tiefes gegenseitiges Misstrauen. Zum Rhetorik-Repertoire russischer Regierungsmitglieder gehört es dieser Tage, sich über die Vorwürfe des politischen Gegenübers lustig zu machen. Beispiel: die US-Vorwürfe bezüglich der Verletzung des Abkommens durch Russland.
Rjabkow tat die Anschuldigungen, das der neue russische Marschflugkörper 9M729 die im Vertrag festgelegte Reichweite von 500 Kilometer überschreite, als „unbegründet“ ab. Moskau habe den Vertrag also nicht verletzt, Washington hingegen sehr wohl. Bis zum Auslaufen des Abkommens haben beide Seiten noch sechs Monate Zeit, um die konträren Positionen zu klären.