Katalonien-Konflikt wird Spaniens Regierung zum Verhängnis

REUTERS/Sergio Perez
  • Drucken

Spaniens Ministerpräsident Sánchez kann seinen Budgetentwurf nicht durchsetzen. Nun droht seiner Regierung das Aus. Schon im April könnte gewählt werden.

Spaniens sozialdemokratischer Ministerpräsident Pedro Sánchez ist am Mittwoch im Parlament mit seinem Entwurf für den Haushalt 2019 gescheitert. Damit wird eine Neuwahl des Parlaments wahrscheinlich. Sánchez war erst im Juni 2018 mit einer Misstrauensabstimmung gegen den konservativen Mariano Rajoy ins Amt gekommen. Nach inoffiziellen Angaben könnte die vorgezogene Parlaments- und Regierungswahl schon Ende April oder im Mai stattfinden.

Insgesamt stimmten 191 Abgeordnete gegen den Etat, nur 158 votierten für den Haushalt: Die Nein-Stimmen kamen aus dem konservativen Lager und von Kataloniens Unabhängigkeitsparteien. Sánchez’ Sozialisten, die nur 84 Abgeordnete haben, erhielten lediglich die Unterstützung der linksalternativen Protestpartei Podemos.

Grund für die Niederlage in der entscheidenden Haushaltsabstimmung ist, dass Sánchez in den letzten Wochen die Unterstützung der zwei katalanischen Separatistenparteien verlor. Diese hatten ihm vor acht Monaten noch ins Amt geholfen. Die Separatisten wollten dem Etat jetzt nur unter der Bedingung zustimmen, dass die Regierung mit ihnen über ein bindendes Unabhängigkeitsreferendum für Katalonien verhandelt.

Katalanen fordern Referendum wie in Schottland

„Eine Unabhängigkeit Kataloniens ist weder verfassungsmäßig, noch wird sie von der Mehrheit der Katalanen gewünscht“, hatte Sánchez schon im Vorfeld klargestellt. Er warf den Unabhängigkeitspolitkern vor, den in den letzten Monaten von der Sozialistenregierung angekurbelten Dialog nicht genutzt zu haben, um im Katalonienkonflikt zu einer Lösung zu kommen. Die Verfassung Spaniens untersagt, ähnlich wie es in den meisten Staaten der Fall ist, die Abspaltung eines Territoriums.

Statt Gespräche über die Unabhängigkeit hatte Sánchez Katalonien eine Stärkung der schon sehr weitreichenden Autonomierechte angeboten. Zudem enthielt der nun gescheiterte Haushalt eine bessere Finanzierung der Region. Dem katalanischen Ministerpräsidenten Quim Torra, der als rechte Hand des ins Ausland geflüchteten Separatistenchefs Carles Puigdemont gilt, reichte dies nicht. „Wir wollen abstimmen, genauso wie man es in Schottland gemacht hat.“

Die Schotten durften 2014, in einem mit London ausgehandelten Referendum, über die Unabhängigkeit entscheiden. Dies war deswegen möglich, weil Großbritannien eine der wenigen Demokratien ist, in der keine schriftliche Verfassung existiert, welche die Abspaltung eines Territoriums untersagt.

Separatistenprozess verschärft Spannungen

Die Spannungen mit den Separatisten, die in Katalonien die Regierung stellen, haben sich auch durch das gerade angelaufene Strafverfahren der spanischen Justiz gegen zwölf Anführer der Unabhängigkeitsbewegung verschärft. Sie haben  das Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 vorbereitet. Ihnen drohen wegen Rebellion, Aufruhr oder Veruntreuung öffentlicher Gelder bis zu 25 Jahre Haft. Für viele Katalanen handelt es sich dabei jedoch um einen „politisch gefärbten Prozess“.

Der Separatisten-Prozess sowie eine weitere Polarisierung durch einen kurzen, heftigen Wahlkampf könnte das brodelnde Katalonien-Problem nun wieder hochkochen lassen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Proteste gegen den „spanischen Unterdrücker“ in Barcelona: Demonstranten fordern die Freiheit der „politischen Gefangenen“, die in Madrid vor Gericht stehen.
Außenpolitik

Spanien: Katalonien stürzt Regierung in Krise

Der Mammut-Prozess gegen katalanische Separatisten führt zu neuen Spannungen mit Barcelona – und könnte sozialistische Minderheitsregierung zu Fall bringen. Die Rechte profitiert.
Zwölf katalanische Separatistenführer müssen sich vor einer siebenköpfigen Strafkammer für die mutmaßlich illegalen Unabhängigkeitsbeschlüsse im Herbst 2017 verantworten.
Außenpolitik

Spanien: Kataloniens Separatisten stehen vor Gericht

Am Dienstag beginnt in Madrid der Prozess gegen die inhaftierten Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsaktivisten. Die Justiz wirft ihnen Rebellion und die Veruntreuung von Steuergeldern vor.
Zehntausende demonstrierten in Madrid gegen Regierung und für Neuwahl.
Außenpolitik

Großdemo von Rechten und Ultrarechten in Madrid

Zehntausende Spanier haben in Madrid für die Einheit des Landes und gegen die sozialistische Minderheitsregierung von Pedro Sánchez demonstriert.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.