Die deutsche Bundeskanzlerin und ihre „Raute“: Sie suggeriert Ruhe, Konzentration, überlegtes Handeln.
Symbolik

Die Politik der Geste

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Geschichten des Jahres. Dieser Artikel ist am 20. Februar 2019 erschienen.

Der Handschlag hat den Frieden nicht gebracht, aber er hat Umstände und Emotionen verändert, es waren intensive Momente. Ein heiter wirkender Mann, der direkt und demonstrativ die Hand ausstreckt, nachdem er nur wenige Sekunden zuvor feierlich in die Hände geklatscht hat. Hinter ihm ein inszenierter Schauplatz im Freien, ein klobiger, dunkler Schreibtisch steht vor ihnen, sonniges Wetter. Auch Bill Clinton, der die Mitte dieser Szenerie beherrscht, hat blendende Laune, seine Haltung suggeriert Standhaftigkeit. Fotografen und Videokameras verfolgen jede einzelne Bewegung.

Es ist September 1993. Zwei Monate später wird die deutsche „Zeit“ über diesen Moment schreiben: „Sie begegneten einander zum allerersten Mal und reichten sich die Hände. Der eine tat es mit Schwung und breitem Grinsen. Für den Palästinenser Jassir Arafat war der Händedruck ein Triumph. Der andere zögerte und fühlte sich sichtlich unwohl. Für den Israeli Jitzhak Rabin war der Handschlag eine schwere Pflicht. Doch das Bild mit der Versöhnungsgeste im Rosengarten des Weißen Hauses ging um die Welt.“ Das Bild hat also den Moment besiegelt, und genau das war die Absicht der Veranstalter. Alles wurde penibel vorbereitet, der gewichtige Handschlag sollte endlich Ruhe in den Nahen Osten bringen. Das Zusammenspiel passte: die Gesten, die Verbreitung des Bildes.

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