Labour bricht auseinander: Sechs Abgeordnete verlassen Partei

Labour-Chef Jeremy Corbyn gerät in der nationalen Brexit-Krise auch in seiner Partei unter Druck.
Labour-Chef Jeremy Corbyn gerät in der nationalen Brexit-Krise auch in seiner Partei unter Druck.APA/AFP/UK PARLIAMENT/JESSICA TA
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Die Abgeordneten kritisieren den Brexit-Kurs von Parteichef Corbyn. Die britische Oppositions-Partei sei außerdem "institutionell antisemitisch" geworden.

Aus Protest gegen den Führungsstil des britischen Labour-Chefs Jeremy Corbyn sind am Montag sieben prominente Mitglieder aus der Partei ausgetreten. Sie kritisieren vor allem den Brexit-Kurs und den Umgang mit antisemitischen Tendenzen in der größten Oppositionspartei. Die Abspaltung wird als Symptom für eine größere Krise des britischen Parteien-Systems gewertet.

Die Abgeordneten Chuka Umunna, Luciana Berger, Ann Coffey, Angela Smith, Chris Leslie, Mike Gapes und Gavin Shuker wollen im Unterhaus jetzt eine eigene Fraktion bilden und nennen sich "Die Unabhängige Gruppe". Umunna, der eine überparteiliche Initiative für ein zweites Brexit-Referendum angeführt hatte und als möglicher Nachfolger von Corbyn gehandelt worden war, sagte, die Politik in Großbritannien sei "kaputt". "So muss es nicht sein", fügte er hinzu. "Wenn Sie eine Alternative wollen, helfen Sie uns dabei, sie aufzubauen."

"Institutionell antisemitisch"

Berger, die jahrelang Opfer antisemitischer Angriffe war, sagte, der Parteiaustritt sei für sie eine "sehr schwere, schmerzhafte, aber nötige Entscheidung" gewesen. Die Labour-Partei sei "institutionell antisemitisch" geworden. Sie habe sich zuletzt dafür "geschämt", der Partei anzugehören.

Gapes sagte, er sei "wütend", dass sich die Labour-Partei beim Brexit "mitschuldig" mache. Leslie warf der Oppositionspartei einen "Verrat an Europa" vor. Parteichef Corbyn zeigte sich "enttäuscht" über die Entscheidung der Abgeordneten und rief zum Zusammenhalt auf, der heutzutage wichtiger sei als je zuvor.

"Die Labour Partei, der wir beigetreten sind, für die wir gekämpft haben und an die wir geglaubt haben, ist nicht mehr die Labour Partei von heute. Wir haben alles getan, um sie zu retten", sagte Chris Leslie. Aber der linke Rand habe die Partei gekapert. Der Verrat an Europa durch Labour sei für alle sichtbar geworden, erklärte Leslie. Der geplante Brexit der Regierung solle eher durchgewunken werden anstatt dem Volk das letzte Wort zu geben.

Corbyn setzt auf Neuwahlen

Schon länger wurde befürchtet, dass die Partei auseinanderbrechen könnte. Die Meinungen über Corbyn, der auf Neuwahlen setzt, gehen stark auseinander. Viele werfen dem Alt-Linken vor, im Streit um den EU-Austritt zu lange keine klare Position bezogen zu haben. Ihm wird Mangel an Enthusiasmus für die EU vorgeworfen.

Kürzlich stellte Corbyn Premierministerin Theresa May die Unterstützung seiner Partei in Aussicht, falls sie beim Brexit eine Zollunion und eine Anbindung an den EU-Binnenmarkt akzeptiere. May lehnte das strikt ab. Großbritannien will die Europäische Union in knapp sechs Wochen - am 29. März - verlassen.

Zudem werden seit Jahren Antisemitismus-Vorwürfe gegen Corbyn und seine Partei erhoben. Im vergangenen Sommer räumte er öffentlich in einem Video ein, dass Disziplinarverfahren gegen antisemitische Parteimitglieder zu langsam und zaghaft betrieben worden seien. Kritiker werfen dem 69-Jährigen eine einseitige Unterstützung der Palästinenser im Nahostkonflikt vor.

(APA/dpa)

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