Absage von Visegrád-Gipfel nach israelisch-polnischem Streit

Mateusz Morawiecki (im Bild) schickt seinen Außenminister zum Visegrád-Treffen nach Jerusalem.
Mateusz Morawiecki (im Bild) schickt seinen Außenminister zum Visegrád-Treffen nach Jerusalem.APA/AFP/EMMANUEL DUNAND
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Der polnische Ministerpräsident hatte seine Reise nach Jerusalem abgesagt, weil der neue israelischen Außenminister in einem TV-Interview gesagt hatte, dass Polen mit Nazis kollaboriert hatten.

Polen hat nach Äußerungen des neuen israelischen Außenministers Israel Katz seine Teilnahme am Gipfel der Visegrád-Staaten in Israel abgesagt. Dies teilte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki im polnischen Fernsehen mit. Der ursprünglich für Dienstag geplante Gipfel der Gruppe und Israels in Jerusalem findet nach der Absage Polens nun gar nicht statt. Das sagte der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis am Montag nach Angaben der Agentur CTK in Prag. Der Gipfel werde unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt in der zweiten Jahreshälfte nachgeholt, wenn Tschechien den Vorsitz der Visegrad-Gruppe übernimmt.

Hintergrund ist ein Streit zwischen beiden Ländern, ob Polen mit den NS-Besatzern während des Zweiten Weltkrieges kollaboriert haben. Morawiecki bezeichnete die Worte von Katz als "unzulässig und rassistisch". Die israelische Botschafterin Anna Azari wurde ins Warschauer Außenministerium zitiert, wie die Behörde angab.

Katz hatte am Sonntagabend im israelischen Fernsehen gesagt: "Es gab viele Polen, die mit den Nazis kollaboriert haben." Katz - selbst Sohn von Holocaustüberlebenden - verwies auf eine Aussage von Ex-Ministerpräsident Yitzhak Shamir: "Die Polen haben Antisemitismus mit der Muttermilch aufgesogen." Katz war erst am Sonntag zum amtierenden Außenminister ernannt worden. Mit seinen Aussagen heizte er den eigentlich beigelegten Streit mit Polen wieder an. Vorausgegangen war ein Streit über israelische Berichte zu Aussagen von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zur Kollaboration von Polen mit Nationalsozialisten. Dessen Sprecher äußerte sich zunächst nicht zu der Absage Polens und den Aussagen von Katz.

Statt Morawiecki wäre nun Außenminister Jacek Czaputowicz nach Israel gereist, doch nun wurde der Gipfel gänzlich verschoben. In Israel sollen nun ausschließlich bilaterale Gespräche stattfinden. Der slowakische Regierungschef Peter Pellegrini und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán seien bereits vor Ort, sagte Babis. Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums bestätigte die bilateralen Treffen. Zu den Visegrád-Staaten gehören neben Polen auch Tschechien, Ungarn und die Slowakei.

Mit dem Überfall Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 hatte der Zweite Weltkrieg begonnen. Seit knapp einem Jahr gilt in Polen ein neues Gesetz, das es unter Geldstrafe stellt, der polnischen Nation eine Verantwortung für die von Nazi-Deutschland begangenen Verbrechen zuzuschreiben. Morawiecki hob hervor, die "historische Wahrheit" sei für Polen fundamental.

(APA)

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