Warum Trumps Deal mit Kim platzte

Zwei vietnamesische Polizistinnen. Die Star-Gäste verließen die Hauptstadt Hanoi früher als gedacht.
Zwei vietnamesische Polizistinnen. Die Star-Gäste verließen die Hauptstadt Hanoi früher als gedacht.APA/AFP/YE AUNG THU
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US-Präsident Trump beendete das Treffen mit Nordkoreas Machthaber in Vietnam ohne Ergebnisse. Kim Jong-un wollte die Aufhebung der Sanktionen, ohne auf sein Atomarsenal zu verzichten.

Hanoi/Tokio. Das Ende bildete ein abrupter Abbruch: Nach weniger als zwei Stunden Gespräch war der Gipfel zwischen Donald Trump und Kim Jong-un in Hanoi am Donnerstag vorzeitig Geschichte. Das gemeinsame Essen wurde abgesagt, beide verließen eilig den Konferenzraum. „Manchmal muss man gehen“, gab der US-Präsident resignierend zu Protokoll. Eigentlich sollte am Ende der zweitägigen Verhandlungen in der vietnamesischen Hauptstadt eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet werden. „Wir hatten die Unterlagen schon fertig“, sagte Trump, räumte jedoch ein, „wir hatten das Gefühl, dass jetzt nicht der richtige Moment war, um etwas zu unterschreiben.“

So trat Trump unverrichteter Dinge den Heimflug nach Washington an, wo ihn nach den Anhörungen seines früheren Anwalts Michael Cohen im Kongress innenpolitisches Ungemach erwartet. Dabei hatte er mit einem Erfolg in der Weltpolitik die Negativ-Schlagzeilen verdrängen wollen. Doch der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un (35) war nicht bereit, auf sein Atomprogramm zu verzichten. Statt sich zum Verzicht auf seine Kernwaffen und die nukleare Infrastruktur bereit zu erklären, bot Kim den Amerikanern lediglich an, eine veraltete Atomanlage zuzusperren. Trump verlangte von Kim, neben der Schließung von Yongbyon noch einen weiteren Nuklearkomplex außer Dienst zu stellen.

„Kim war überrascht, dass wir über die Anlage Bescheid wussten“, berichtete Trump auf einer Pressekonferenz. Da definierte Trump auch den etwas schwammigen Begriff „Denuklearisierung“: „Für mich heißt das, dass die Nordkoreaner ihre Atomwaffen abgeben müssen.“

Ganz anders als vor acht Monaten in Singapur demonstrierten Trump und Kim in Hanoi weder Smalltalk noch freundliche Gesten. Als Kim von einem Journalisten gefragt wurde, ob er bereit sei, Nordkoreas Atomarsenal komplett aufzugeben, antwortete er überraschend: „Wenn ich dazu nicht bereit wäre, dann wäre ich nicht hier.“ Da reagierte Trump noch begeistert: „Das ist eine gute Antwort. Wow. Das muss die beste Antwort sein, die Sie je gehört haben.“

Auf PR-Erfolg verzichtet

Aber leider war es nicht die Wahrheit. In Wirklichkeit ging es Kim beim Treffen in Hanoi ausschließlich darum, die internationalen Sanktionen „in ihrer Gesamtheit“ loszuwerden, wie Trump berichtete. „Das aber konnten wir nicht machen.“ Es sei nicht seine Absicht gewesen, die Verhandlungen zu verlassen, stellte er klar. Aber man müsse immer zu so einem Schritt bereit sein.

US-Außenminister Mike Pompeo ergänzte etwas resigniert, man habe nicht einmal das Thema Raketen angesprochen, auch nicht über eine vorsichtige Annäherung oder gar Entspannung. Im Vorfeld von Hanoi war schon über eine gemeinsame Deklaration zur Beendigung des Korea-Krieges von 1950-53 spekuliert worden. Das hätte Vertrauen schaffen und den Verhandlungsprozess für einen international gültigen Friedensvertrag beschleunigen können. Aber Trump musste – sicher schweren Herzens – auf diesen PR-Erfolg verzichten, den er bei den nächsten Wahlen als historischen Durchbruch hätte verkaufen können.

Das Medienecho ist unisono: Der mit viel Vorschusslorbeeren bedachte Hanoi-Gipfel ist kläglich gescheitert. Der US-Präsident verzichtete angesichts dieser Tatsache sogar auf eine Show bei der Pressekonferenz. Und auch Kim Jong-un bekam nicht die erhoffte Bühne, sich als Führer einer anerkannten Atommacht vor der Weltöffentlichkeit präsentieren zu können.

Man kann von einem Rückschlag sprechen, muss aber nicht mit einer Eskalation des Atomstreits rechnen. Dafür ist Pjöngjang ökonomisch zu schwach. Offenbar ist man auch nicht im Streit auseinander gegangen. Die Option eines dritten Gipfels bleibt offen.

Keine weiteren Waffentests Nordkoreas

Bei der abschließenden Pressekonferenz beschwor Trump: „Wir haben gute Beziehungen und haben uns freundschaftlich getrennt.“ Immerhin habe Kim zugesagt, keine weiteren Raketen und atomaren Sprengköpfe zu testen. „Ich nehme ihn beim Wort.“

Südkorea hat das Scheitern des Gipfels als „bedauerlich“ bezeichnet, zumal es zuletzt „bedeutende Fortschritte“ in den heiklen Beziehungen mit Nordkorea gegeben habe. Der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe zeigte Verständnis für den vorzeitigen Abbruch des Gipfeltreffens durch Trump: „Es war die richtige Entscheidung von Trump, nicht den einfachen Weg zu gehen.“ Die Volksrepublik China hofft, dass trotz des Scheiterns in Hanoi der Dialog zwischen Washington und Pjöngjang fortgesetzt werde. Trump hatte zuvor in Hanoi gewarnt, er werde auch die laufenden Handelsgespräche mit China verlassen, wenn diese nicht zum Ziel führen würden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2019)

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