Deutschland will IS-Kämpfern künftig Staatsangehörigkeit entziehen

Die kurdischen SDF-Einheiten rücken auf die letzte IS-Bastion in Syrien in Baghouz vor.
Die kurdischen SDF-Einheiten rücken auf die letzte IS-Bastion in Syrien in Baghouz vor.APA/AFP/BULENT KILIC
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Die Regierung will in Kürze eine neue Regelung umsetzen. Sie betrifft aber nur Doppelstaatsbürger. Eine rückwirkende Anwendung ist verfassungsrechtlich nicht möglich.

Deutsche IS-Kämpfer sollen unter bestimmten Bedingungen ihre Staatsangehörigkeit verlieren. Wer Kämpfer in einer ausländischen Terrormiliz sei und mehrere Staatsbürgerschaften habe, dem könne die deutsche künftig entzogen werden, bestätigten Innen- und Justizministerium am Montag in Berlin entsprechende Medienberichte. Voraussetzung sei zudem, dass die Kämpfer mindestens 18 Jahre seien.

Darauf hätten sich Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Justizministerin Katarina Barley (SPD) verständigt. Die Gesetzesänderung solle in Kürze in die Wege geleitet werden. Sie könne aber nur auf künftige Fälle angewendet werden und nicht rückwirkend greifen, erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums. Andernfalls läge ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor. Von der geplanten Neuregelung solle "ein Signal" ausgehen, es solle "präventive Wirkung" entfalten.

Offen ließen die Ministerien, wie vorgegangen wird, wenn noch ein weiteres Land die Staatsbürgerschaft entziehen will. Dies könnte dann bedeuten, dass der Kämpfer staatenlos wird.

Schon jetzt kann in Deutschland die Staatsangehörigkeit entzogen werden, wenn sich der Betreffende freiwillig ohne Zustimmung des Verteidigungsministeriums ausländischen Streitkräften anschließt. Dieses Gesetz soll nun ergänzt werden.

Diskussion um IS-Rückkehrer

US-Präsident Donald Trump hatte die Europäer aufgefordert, mehr als 800 gefangene Kämpfer der Extremistenmiliz IS zurückzunehmen und vor Gericht zu stellen. Da das geplante Gesetz nicht rückwirkend angewendet werden kann, würden die Deutschen unter ihnen die Staatsbürgerschaft behalten.

Das von der Großen Koalition geplante Gesetz zum Passentzug kommt nach Überzeugung der oppositionellen FDP zu spät. Fraktionsvize Christian Dürr sagte am Montag der "Bild"-Zeitung, er habe schon vor ein paar Jahren gefordert, Doppelstaatlern, die sich einer ausländischen Jihadisten-Miliz anschließen, den deutschen Pass zu entziehen. Auch Dürr sagte, rückwirkende Gesetze seien verfassungsrechtlich sehr schwierig. Umso wichtiger sei es, das Vorhaben nun schnell umzusetzen.

Kritik kam auch von der Linken-Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut. "Wir fordern keine entsprechende Änderung für den Entzug der Staatsangehörigkeit", erklärte sie am Montag. Der Lösungsvorschlag sei zudem "nicht gründlich durchdacht". So sei etwa ungeklärt, auf Grundlage welcher Erkenntnisse Kampfhandlungen für eine Jihadisten-Miliz nachgewiesen werden könnten, wenn es zuvor kein Urteil eines deutschen Gerichts gab. Auch stelle sich die Frage, "ob Menschen in die Staatenlosigkeit rutschen, wenn andere Staaten ähnliche Regelungen schaffen". Der richtige Weg für die Bestrafung der IS-Kämpfer sei die Verurteilung vor einem internationalen Sondertribunal, sagte Akbulut.

(APA/Reuters/AFP)

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