Thomas de Maizière: "Ich erlebte einen Shitstorm"

Reuters
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Der deutsche Ex-Innenminister Thomas de Maizière erklärt im Interview, wie hart der Alltag in der Politik wirklich ist und welche Fehler in der Flüchtlingskrise gemacht wurden: "Wir haben uns zu sehr von Stimmungen leiten lassen".

Thomas de Maizière kommt allein in sein Büro im Paul-Löbe-Haus im Berliner Regierungsviertel. Ohne Fahrer, ohne Leibwächter. „Wie geht es Ihnen mit dem Rückwärtseinparken?“, fragt man später scherzhaft. „Inzwischen viel besser“, antwortet de Maizière. Seit seinem Aus als Minister ist der 65-Jährige einfacher Abgeordneter, der im Alltag einiges neu lernen muss, wie er in Interviews erzählt, darunter eben das „Rückwärtseinfahren“.

28 Jahre lang war der Jurist im Regierungsgeschäft, zwölf davon im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel, zuletzt als Innenminister. In diese Zeit fiel der Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz, der bis heute einen Untersuchungsausschuss beschäftigt. Auch wegen der Terrormiliz IS herrschte erhöhte Terrorgefahr in Europa. Ein Fußballländerspiel in Hannover musste deshalb 2016 kurzfristig abgesagt werden, zu den Hintergründen schwieg de Maizière damals und rechtfertigte das mit dem berühmt gewordenen Satz: „Ein Teil der Antwort könnte die Menschen verunsichern.“

De Maizière gilt als protestantisch pflichtbewusst, als fleißig und sehr genau, was ihm den Spitznamen „Büroklammer“ eintrug. Er zählt bis heute zu Angela Merkels loyalsten Mitstreitern. Im Februar 2018 hat ihn Merkel jedoch in den Koalitionsverhandlungen mit SPD und CSU geopfert. Sein Nachfolger im Innenministerium wurde Horst Seehofer. Ausgerechnet Seehofer. Der CSU-Politiker hatte die Flüchtlingspolitik von Merkel und de Maizière als „Herrschaft des Unrechts“ angeprangert. De Maizière nennt den Vorwurf in seinem neuen Buch „Regieren“, das sonst gewohnt sachlich-nüchtern den Politikeralltag hinter den Kulissen beschreibt, „ehrabschneidend“.

Gibt es Momente, in denen Sie die Entscheidung vom 13. September 2015 bereuen, die Grenze zu Österreich nicht zu schließen, sondern nur zu kontrollieren?

Thomas de Maizière: Nein. Ich halte die Entscheidung auch im Nachhinein für richtig.

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