Der lange Schatten des Krieges

Trauer um die Opfer. Nach Abzug der serbischen Kräfte werden im Juli 1999 bei Bela Crkva entdeckte Leichen bestattet.
Trauer um die Opfer. Nach Abzug der serbischen Kräfte werden im Juli 1999 bei Bela Crkva entdeckte Leichen bestattet.Getty Images
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Vor 20 Jahren griff die Nato an der Seite der Kosovo-Albaner in den Konflikt mit Serbien ein. Viele Menschen leiden noch heute unter dem Trauma des Krieges. So wie Adelina, die damals von serbischen Soldaten vergewaltigt wurde.

Prishtina. Der Krieg ist für die dunkelhaarige Frau noch immer nicht vorbei. Eigentlich sei sie immer „eine sehr starke Person“ gewesen, erzählt im Kosovo-Rehabilitationszentrum für Folteropfer (KRCT) in Prishtina die 50-jährige Adelina (Name geändert): „Ob Armut oder Gewalt, ich hatte in meinem Leben viele Probleme zu lösen. Doch dieser Sache war ich nicht gewachsen: Selbst mit meiner Familie kann ich bis heute nicht darüber sprechen.“

Mit gefalteten Händen berichtet die Kosovo-Albanerin über den Tag im April 1999, der ihr Leben aus der Bahn warf. Am Tag zuvor hatten serbische Milizen in ihrem Dorf ein Massaker an mehr als 20 Männern verübt. Allein auf sich gestellt, ohne ihren im Ausland arbeitenden Mann, suchte Adelina mit ihren fünf Kindern im Haus ihrer Eltern Zuflucht. Wegen der Kinder brach sie am nächsten Tag für Milch und Eier nochmals zu ihrem Hof auf. „Kommst Du wieder zurück?“, fragte sie weinend ihr dreijähriger Sohn.

„Ich werde es nie vergessen“

Als sie das Gatter zur Weide öffnete, bemerkte Adelina die beiden Soldaten zu spät. „Sie vergewaltigten mich“, erzählt sie mit stockender Stimme. „Ich sagte ihnen, dass ich fünf Kinder habe, und bat sie, mich gehen zu lassen. Sie sagten, dass sie mir mehr Kinder machen würden. Und riefen nach anderen Soldaten.“ Sie habe nur an das ihrem Sohn gegebene Versprechen ihrer Rückkehr gedacht, sagt Adelina: „Ich riss mich los, rannte weg. Ein Soldat richtete seine Pistole auf mich. Der andere fiel ihm in den Arm – und verhinderte den Schuss.“ Selbst ihrem Mann habe sie sich nie öffnen können: „Ich kann in der Familie über die Vergewaltigung nicht sprechen. Aber ich werde es nie vergessen können – bis zum Ende meines Lebens.“

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