IS-Kämpfer posiert in Tunesien mit Sturmgewehr aus Österreich

Tunesische IS-Kämpfer präsentieren ihre Waffen. Der Jihadist links trägt ein Steyr-Sturmgewehr.
Tunesische IS-Kämpfer präsentieren ihre Waffen. Der Jihadist links trägt ein Steyr-Sturmgewehr.(c) Screenshot
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Das Steyr-AUG ist auf einem Foto der Extremisten aufgetaucht. Die Sturmgewehre wurden einst an Tunesiens Sicherheitskräfte verkauft - wie gelangten sie in Jihadisten-Hände?

Erstmals hat der sogenannte Islamische Staat (IS) Fotos seiner in Tunesien aktiven Kämpfer veröffentlicht, die in unwegsamem Gebiet in den Bergen an der Grenze zu Algerien operieren. Eine Gruppe vermummter Jihadisten präsentiert ihre Waffen. „Tägliches Leben der Soldaten des Kalifats in Tunesien“, heißt es in der Bildunterschrift. Einer der Jihadisten zeigt stolz ein Steyr-AUG – das Sturmgewehr "made in Austria".

Es ist nicht das erste Mal, dass österreichische Waffen bei IS-Kämpfern auftauchen. Auch im Nordsinai operiert der IS gegen die ägyptische Armee mit AUG-Sturmgewehren. Wie aber enden diese in den Händen der Extremisten?

Oded Berkowitz ist Mitarbeiter einer Sicherheitsberatungsfirma mit Sitz in Tel Aviv. Das Unternehmen bietet an, Sicherheitsrisiken einzuschätzen. Berkowitz beschäftigt sich dabei vor allem mit Nordafrika. „Das österreichische Gewehr ist die wichtigste Dienstwaffe der tunesischen Armee. Wenn militante Islamisten, wie in diesem Fall der IS, die tunesischen Sicherheitskräfte angreifen, erbeuten sie diese Waffen“, erklärt Berkowitz im Gespräch mit der „Presse“.

Er hatte die IS-Fotos mit dem Hinweis auf das österreichische Sturmgewehr vor wenigen Tagen getwittert. „Und es gibt noch einen zweiten Verbreitungsweg, darüber gibt es zwar viele Geschichten aber keine festen Beweise. Dabei ist die Rede davon, dass der IS die tunesische Armee infiltriert hat und einzelnen Soldaten Gewehre abkauft oder dass sie aus den Waffenlagern der Armee gestohlen werden“, beschreibt er, wie er es salopp formuliert, „die Lieferkette“ zwischen Österreich und dem IS.

Aber nicht nur in Tunesien sind die österreichischen Gewehre in den Reihen des IS zu finden. Es gebe eine offensichtliche Verbindung zwischen Militanten und Schmugglern und die führe von Tunesien bis zum ägyptischen Nordsinai, wo ein lokaler Ableger des IS operiert. „Vor allem zwischen 2015 und 2016 war die Grenze zwischen Tunesien und Libyen sehr durchlässig. So endeten die österreichischen Gewehre im ägyptischen Nordsinai“, sagt Berkowitz. Es gebe Fotobeweise, dass die IS-Kämpfer dort auch Steyr-Gewehre haben, erläutert der Nordafrika-Sicherheitsexperte.

Hamas, Houthis und al-Qaida

Zweimal wurden Lieferungen von 20 und 30 Steyr-Waffen in den Nordsinai auch aufgehalten. „Manche Steyr-Gewehre haben sogar den Gazastreifen erreicht und tauchen dort bei Paraden des militanten Flügels der Hamas auf.“

Einiges habe sich inzwischen verbessert. Tunesien hat versucht die Schmuggelwege zu unterbrechen. Mit Hilfe der USA und Großbritanniens gibt es inzwischen eine wesentlich bessere Grenzüberwachung in Richtung Libyen. Aber die Grenze vollkommen dicht zu halten, ist unmöglich. Wie lässt sich die illegale Verbreitung der Waffen aus Österreich also verhindern? Man könne Maßnahmen ergreifen, um das zu minimieren, wie zum Beispiel die Stabilität der Länder zu untersuchen, an die man Waffen liefert, meint Berkowitz. 1980 gab es eine große Lieferung nach Saudiarabien. Inzwischen sind diese Steyr-Gewehre nicht nur bei den Verbündeten Saudiarabiens im Jemen verbreitet, sondern auch beim Gegner, den Houthis, und der al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel.

Aber selbst Abwägungen über die Stabilität eines Landes oder deren militärische Aktivitäten in den Nachbarländern haben ein Ablaufdatum. Wer hätte bei einer Lieferung an Tunesien 1978 ahnen können, dass das AUG mehr als 30 Jahre später in den Händen des IS auftauchen wird. Für Berkowitz gibt es da nur eine sichere Methode: „Die einzige Möglichkeit zu verhindern, dass Waffen nicht in die falschen Hände geraten, ist, keine Waffen zu verkaufen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2019)

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