Erdoğan trotzt US-Drohungen

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Ankara zeigt sich von angedrohten US-Sanktionen unbeeindruckt und hält am Kauf russischer Luftabwehrraketen fest. Doch die Strafmaßnahmen würden die türkische Wirtschaft hart treffen.

Ankara/Wien. Im Streit zwischen Washington und Ankara wegen des geplanten Kaufs russischer S-400-Luftabwehrraketen durch die Türkei verhärten sich die Fronten immer mehr. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan erklärte am Mittwoch, angesichts der „ständigen amerikanischen Provokationen“ könnte die ab Juli geplante Lieferung der russischen Raketen sogar vorgezogen werden. Vier führende US-Senatoren beider Großparteien wiederum warnten in einem in der „New York Times“ veröffentlichten Gastkommentar vor scharfen, vom Kongress forcierten Sanktionen, falls Ankara an dem Rüstungsgeschäft mit den Russen festhalte.

Diese Sanktionen würden die türkische Wirtschaft hart treffen, seine internationalen Absatzmärkte durchrütteln, ausländische Investoren abschrecken und seine Luftfahrts- und Rüstungsindustrie verkrüppeln. Und kein moderner F-35-Kampfjet werde jemals in der Türkei landen. Die türkische Beteiligung am F-35-Programm – einschließlich der Produktion von Teilen, der Reparatur und der Wartung der Jets – werde beendet werden, warnen die Senatoren.

Die Türkei hat mehr als 100 F-35-Kampfjets vom US-Konzern Lockheed Martin bestellt und bereits mehr als 1,25 Milliarden Dollar in das Programm investiert. Die Lieferung des ersten Jets war im November geplant. Vergangene Woche setzte das US-Verteidigungsministerium die Beteiligung der Türkei an der Produktion aus. Gleichzeitig warnte US-Vizepräsident Mike Pence am Rande eines Treffens der Nato-Verteidigungsminister in Washington: „Die Türkei muss sich entscheiden: Will sie weiter ein entscheidender Partner des erfolgreichsten Militärbündnisses der Weltgeschichte bleiben. Oder will sie die Sicherheit dieser Partnerschaft riskieren, indem sie unverantwortliche Entscheidungen trifft, die dieses Bündnis unterminieren.“

Russische Kampfjets als Alternative?

Erdoğan zeigte sich von all diesen Drohungen aus Washington bisher unbeeindruckt: „Alles ist auf Schiene“, erklärte er Anfang dieser Woche bei einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. „Diejenigen, die uns dazu drängen, von dem S-400-Geschäft Abstand zu nehmen, kennen uns nicht.“ Putin lobte Erdoğans Standfestigkeit und betonte die Bereitschaft Russlands, die militärische Zusammenarbeit mit der Türkei zu vertiefen und gemeinsam hochmoderne Waffen zu entwickeln und zu produzieren.

Dieses Angebot wiederum nahm der türkische Außenminister Mevlut Cavusoğlu dankbar auf: „Die Türkei hat Alternativen zu den F-35-Jets. Da gibt es ja auch die russischen Suchoi-35 und Suchoi-57-Kampfflugzeuge“, erklärte er am Mittwoch in einem TV-Interview. (Reuters, Bloomberg, red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2019)

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