„Finnischer Sanders“ auf Partnersuche

Ex-Gewerkschaftsführer Antti Rinne führte FinnlandsSozialdemokraten zum Sieg.

Stockholm/Helsinki. „Das erste Mal seit 1999 sind wir wieder Finnlands größte Partei!“, jubelte der Sozialdemokrat Antti Rinne über den hauchdünnen Wahlsieg. Er versprach, innerhalb eines Monats – noch vor den EU-Wahlen – eine tragfähige Regierung zusammenzuzimmern. In Finnland regieren traditionell zwei der drei großen Parteien: Sozialdemokraten (SDP), Zentrum und Sammlungspartei, während die dritte Partei, in diesem Fall das abgewählte Zentrum des marktliberalen Ex-Premiers Juha Sipilä, in die Opposition geht.

Der 56-jährige Rinne, zum dritten Mal verheiratet, griff als Chef mehrerer großer Gewerkschaften gern zum Streik als Verhandlungsmethode. Bei den Arbeitgebern handelte er sich den Ruf eines harten Verhandlers ein. Sie stöhnten auf, als er 2014 die eher rechtsliberale Ex-Finanzministerin Jutta Urpilainen als Partei- und Ressortchef ablöste. Rinne ist die „finnische Version“ von Bernie Sanders. „Die Sozialdemokraten müssen wieder eine Linkspartei sein, eine Partei, die gesellschaftliche Veränderungen vorantreibt“, lautete seine Parole im Wahlkampf.

„Wie auf der Titanic“

Liberale fürchten, er sei Gift für die wirtschaftliche Gesundung des Landes nach jahrelanger Krise. In der Regierung fiel er als Finanzminister freilich nicht sonderlich auf. Rinne, der privat Klavier und Klarinette spielt, steht für das Gegenteil: für mehr Staat, für einen Stopp der Privatisierungen und der Kürzungen im Sozial- und Gesundheitswesen. Er kündigte Steuererhöhungen an. „Wir müssen unsere Wohlfahrtsgesellschaft stärken, und dafür brauchen wir Geld.“

Der impulsive Politiker tritt mitunter ins Fettnäpfchen. Als Gewerkschaftschef beschimpfte er während der Wirtschaftskrise die finnische Elite. „Es ist genauso wie auf der Titanic. Die Rettungsboote sind vor allem für die feinen Leute da. Die gewöhnlichen Menschen werden ihrem Schicksal im kalten Wasser überlassen.“ Folgerichtig kündigte Rinne auch eine freundlichere Einwanderungspolitik an. Er will den Zuzug von Angehörigen erleichtern. (anw)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2019)

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