200 Tote und 900 Verletzte bei Kämpfen in Libyen

Der UN-Sicherheitsrat kann sich trotz der anhaltenden Kämpfe um die libysche Hauptstadt Tripolis nicht auf eine Forderung nach Waffenruhe einigen.

Seit dem Ausbruch der Kämpfe um die libysche Hauptstadt Tripolis vor rund zwei Wochen sind mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO teilte am Donnerstag über Twitter mit, dass zudem mehr als 900 Menschen verletzt worden seien. Wegen der Gewalteskalation befasste sich der UNO-Sicherheitsrat hinter verschlossenen Türen mit der Lage in dem nordafrikanischen Krisenland - doch am Ende stand kein konkretes Ergebnis.

Der Sicherheitsrat kann sich weiterhin nicht auf die Forderung nach einer Waffenruhe in Libyen einigen, wie Diplomaten am Donnerstag nach einer Dringlichkeitssitzung des wichtigsten UNO-Gremiums in New York sagten. Demnach widersetzen sich die USA und Russland dem von Großbritannien vorgelegten Resolutionsentwurf, um den schon seit Tagen gerungen wird.

Haftbefehl gegen General Khalifa

Libyens international weitgehend anerkannte Regierung erließ unterdessen am Donnerstag einen Haftbefehl gegen General Khalifa Haftar, dessen Truppen die Hauptstadt Tripolis attackieren. Der Haftbefehl begründe sich hauptsächlich mit den Bombenangriffen auf den Flughafen Mitiga und Wohngebiete, teilte die Militärstaatsanwaltschaft mit.

In Libyen konkurrieren zwei Regierungen und zahlreiche Milizen um die Macht. Truppen des einflussreichen Generals Haftar hatten Anfang April einen Angriff auf Tripolis begonnen, wo die international anerkannte Regierung von Fajez al-Sarraj sitzt. Haftar hat seinen Einfluss bereits auf große Teile des Landes ausgedehnt. Jetzt will er auch die Hauptstadt unter Kontrolle bringen.

Libysche Medien berichteten am Donnerstag über Kämpfe um den Flughafen Tamanhint im Süden des Krisenlandes. Der Sender 218 TV meldete, bewaffnete Kräfte hätten den von Haftars Anhängern kontrollierten Stützpunkt angegriffen.

Auch der UNO-Sondergesandte Ghassan Salamé forderte in dieser Woche ein unverzügliches Ende der Gewalt, nachdem zuvor Raketen ein Wohngebiet im Südwesten der Hauptstadt getroffen hatten. Alle Appelle dieser Art verhallten allerdings bisher ungehört.

Nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) haben die Kämpfe rund 25 000 Menschen vertrieben. Im Chaos nach dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 hat sich Libyen zu einem der wichtigsten Transitländer für Flüchtlinge entwickelt, die über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollen.

3000 Flüchtlinge gefährdet

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenze warnte, die Gewalt gefährde besonders jene gut 3000 Flüchtlinge und Migranten, die willkürlich in Internierungslagern nahe der Kampfzone festgehalten würden. Manche hätten seit Tagen nichts zu essen bekommen, viele erhielten nur sehr wenig Trinkwasser. Einige berichteten, in direkter Umgebung ihrer Internierungslager habe es Kämpfe und Luftangriffe gegeben.

Der 75 Jahre alte Haftar wird unterstützt von Ägypten, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Frankreich und Russland. Seine Anhänger wiederum werfen ihren Gegnern vor, Hilfe aus der Türkei und Katar zu bekommen.

(APA/DPA)

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