Libyen: „Haftar muss seine Kämpfer aus Tripolis abziehen“

(c) REUTERS (Hani Amara)
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Der Geschäftsträger der libyschen Botschaft in Wien, Jalal Alashi, warnt vor einer Katastrophe, falls die Gefechte um Tripolis nicht rasch beendet werden. General Haftar wirft er vor, Zivilisten in Libyens Hauptstadt anzugreifen.

Wien. Es ist ein verbissener Kampf, der derzeit im Süden von Tripolis geführt wird. Die Truppen des Generals Khalifa Haftar versuchen, in die libysche Hauptstadt vorzudringen. Die Einheiten der international anerkannten libyschen Regierung und verbündete Milizen setzen alles daran, das zu verhindern.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bei den Feindseligkeiten bisher mehrere Hundert Menschen getötet. Mehr als 50.000 Einwohner der Hauptstadt flohen aus ihren Häusern.

Ringen um die Macht

„Wenn nicht rasch eine Lösung gefunden wird, dann gibt es eine Katastrophe“, warnt Jalal Alashi, Geschäftsträger der libyschen Botschaft in Österreich. „Wir versuchen alles nur Mögliche, den Krieg zu stoppen“, beteuert Alashi im Gespräch mit der „Presse“. Voraussetzung für Frieden sei aber, dass General Haftar seinen Angriff abbricht. „Er muss seine Kämpfer aus Tripolis abziehen und zurück in ihre Kasernen schicken.“

Nach dem Sturz des Langzeitdiktators Muammar al-Gaddafi 2011 begann in Libyen ein Ringen um die Macht. In den ersten Jahren nach Gaddafi gab es zwar Spannungen und immer wieder mit Waffen ausgetragene Feindseligkeiten, die Lage war aber noch verhältnismäßig ruhig. Spätestens 2014 kippte das Land jedoch in bürgerkriegsähnliche Zustände.

Heute hat in Tripolis die Regierung der nationalen Einheit unter Premier Fayez al-Sarraj ihren Sitz. Sie ist mithilfe der UNO als Kompromiss zwischen den Streitparteien gebildet worden. Der Osten des Landes wird weitgehend von General Haftar beherrscht. Er ist einst Offizier unter Gaddafi gewesen. Nach einem missglückten Feldzug im Tschad fiel er beim Machthaber in Ungnade. Haftar ging in die USA ins Exil und kehrte erst 2011 nach Libyen zurück.

Haftar hat in den vergangenen Monaten sukzessive seinen Einfluss vom Osten auf den Süden Libyens ausgedehnt. Am 4. April starteten dann seine Kämpfer ihren Angriff auf Tripolis.

„Haftar wollte keinen Frieden“

Der Geschäftsträger der libyschen Botschaft, der die international anerkannte Regierung von Premier Sarraj vertritt, sieht hinter dieser Attacke einen längerfristigen Plan Haftars. „Am 14. April wollten sich alle Parteien zusammensetzen, um über Wahlen und die Zukunft Libyens zu beraten“, sagt er. Es sei dabei darum gegangen, langfristig Frieden herzustellen. „Aber Haftar wollte keinen Frieden“, klagt Geschäftsträger Alashi.

Die UNO sagte schließlich die für 14. April geplanten Verhandlungen wegen der Offensive Haftars wieder ab. Auch alle internationalen Bemühungen, eine Waffenruhe für Tripolis zu vereinbaren, sind bisher gescheitert.

Alashi wirft dem General vor, beim Kampf um die Hauptstadt auch Zivilisten anzugreifen. Haftars Ziel sei, ganz Libyen unter seine Herrschaft zu bringen. „Aber wir wollen nicht wieder in einer Diktatur leben.“ Die Regierung Sarraj begrüße jedenfalls alles, was zur Abhaltung von Wahlen führe. „Wir wollen keinen Bürgerkrieg. Aber wir verteidigen uns.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2019)

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