Britische Premierministerin kündigt "kühnes" Brexit-Angebot an

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Theresa May glaubt weiter an Einigung zum EU-Austritt, sie will ihre Pläne bald präsentieren. EU-Verhandler Barnier schließt Nachverhandlungen allerdings weiterhin aus.

Mit einem "kühnen Angebot" will die britische Premierministerin Theresa May das Parlament doch noch zur Zustimmung zum Brexit-Abkommen mit der EU bewegen. Anfang Juni werde sie dem Parlament einen Vorschlag unterbreiten, kündigte May in einem Gastbeitrag für die "Sunday Times" an. Dabei werde es sich um "ein neues und kühnes Angebot" handeln.

May versicherte in ihrem Beitrag, sie glaube weiterhin, "dass es möglich ist, eine Mehrheit im Parlament für einen Austritt mit Abkommen zu bekommen". Dazu werde sie "ein verbessertes Maßnahmenpaket" vorlegen, das zustimmungsfähig sei.

Es wird erwartet, dass Mays neuer Vorschlag Maßnahmen zum Schutz von Arbeitnehmerrechten, Details zu Zollvereinbarungen mit der EU und zu dem Einsatz moderner Technologie zur Vermeidung von Grenzkontrollen zwischen Nordirland und der Republik Irland enthält. May dürfte hingegen nicht versuchen, das Brexit-Abkommen selbst mit der EU neu zu verhandeln, da Brüssel dies strikt ablehnt. Ihre Vorschläge wird May voraussichtlich noch in diesem Monat in einer Rede darlegen.

Corbyn skeptisch

Der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn hat sich skeptisch zu Mays Plänen geäußert. "Wir haben den neuen Entwurf noch nicht gesehen, wie immer er auch ausschauen mag", sagte der Labour-Chef der BBC am Sonntag. "Aber nichts, was ich gehört habe, lässt mich vermuten, dass er sich fundamental von dem bisherigen Entwurf unterscheidet. Stand heute unterstützen wir den Entwurf also nicht."

Fast drei Jahre nach dem Referendum für einen Ausstieg Großbritanniens aus der EU ist die Art und Weise immer noch unklar. Das Unterhaus hatte das Brexit-Abkommen in den vergangenen Monaten dreimal abgelehnt. Am Freitag brach die Labour Party die Verhandlungen mit der konservativen Regierungschefin über einen Brexit-Kompromiss nach sechs erfolglosen Wochen ab. Angesichts der "Schwäche und Instabilität" der Regierung gebe es kein Vertrauen, dass mögliche Verhandlungsergebnisse umgesetzt würden, erklärte Corbyn.

Das von May mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen beinhaltet Regelungen zu den finanziellen Verpflichtungen gegenüber der EU, zu den künftigen Rechten von EU-Bürgern in Großbritannien, Regelungen für eine Übergangsphase sowie Vorkehrungen, um künftige Grenzkontrollen zwischen Nordirland und Irland zu vermeiden.

Viele Konservative und die nordirische Democratic Unionist Party (DUP), auf deren Unterstützung Mays Minderheitsregierung angewiesen ist, lehnen die Regelungen zur nordirischen Grenze ab. Labour bevorzugt eine deutlich engere Anbindung an die EU nach einem Brexit als die Konservativen. Um einen Brexit ohne Abkommen zu vermeiden, schließt die Partei ein zweites Referendum über den EU-Austritt nicht aus.

Der Regierungschefin schlagen auch aus den eigenen Reihen zunehmend Forderungen nach einem sofortigen Rücktritt entgegen. Am Donnerstag lehnte sie dies bei einem Treffen mit führenden Tory-Vertretern ab. Nach Angaben der Partei wird May im Juni einen Zeitplan für ihren Rückzug vorlegen.

EU will nicht nachverhandeln

Nachverhandlungen hat der Brexit-Beauftragte der EU, Michel Barnier, ausgeschlossen. "Wir haben dieses Abkommen mit den Briten verhandelt und all ihre roten Linien respektiert. Aber sie müssen auch unsere Prinzipien respektieren. Sie sind es, die uns verlassen - nicht umgekehrt", sagte Barnier der Zeitung "Bild am Sonntag".

Der Aufschub des Brexit, der eigentlich für den 29. März geplant war, bedeutet auch, dass Großbritannien an der Europawahl teilnehmen muss. Im Vereinigten Königreich wird am 23. Mai gewählt. Barnier zufolge hat Großbritannien ein Recht auf einen EU-Kommissar. "Solange Großbritannien Mitglied der EU ist, hat es alle Rechte und Pflichten." Dazu gehöre ein Kommissar und die Vertretung durch Abgeordnete im EU-Parlament.

Mays Ankündigung eines neuen Angebots an das Unterhaus erfolgte kurz vor dem Wahltermin. Die Tories liegen in Umfragen weit abgeschlagen hinter der neu gegründeten Brexit-Partei von Nigel Farage, Labour und den Liberaldemokraten.

(APA/AFP/Reuters)

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