Kameraderie zwischen Macron und Trump

Gedenken am amerikanischen Soldatenfriedhof von Colleville-sur-Mer: die Trumps und die Macrons.
Gedenken am amerikanischen Soldatenfriedhof von Colleville-sur-Mer: die Trumps und die Macrons. (c) REUTERS (CARLOS BARRIA)
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Zum 75-Jahr-Jubiläum der „Operation Overlord“ war zwar der US-Präsident, nicht aber Wladimir Putin geladen.

Paris. Sie sind zwischen 95 und 100 Jahre alt, aber viele von ihnen noch erstaunlich rüstig. Einer von ihnen, der Kalifornier Tom Rice, ließ es sich trotz seiner 97 Jahre nicht nehmen, am Mittwoch bei Carentan in Begleitung eines Trainers mit dem Fallschirm abzuspringen. Dort war er zusammen mit seiner Luftlandedivision, der seither berühmten 101st Airborne, eingesetzt worden. Für diese spektakuläre Aktion hat sich der rüstige Rice seit Wochen vorbereitet.

Aber auch die übrigen Veteranen der alliierten Landung im Juni 1944 wollten sich die Gedenkfeiern in Portsmouth und danach in der Normandie nicht entgehen lassen. An der von Emmanuel Macron und Donald Trump präsidierten Zeremonie auf dem amerikanischen Soldatenfriedhof von Colleville-sur-Mer waren sie die Ehrengäste. Viele von ihnen konnten ihre Rührung nicht verbergen, als der vielen gefallenen Kameraden gedacht wurde. Macron und Trump gaben sich bei der vom Fernsehen live übertragenen Feier auf dem Soldatenfriedhof mit Blick auf den Ärmelkanal besonders kameradschaftlich. Kumpelhaft legte Macron mehrmals die Hand auf die Schulter seines Gasts. Beide wollten offenbar zeigen, dass trotz weiter bestehender Meinungsdifferenzen zum Brexit, zum Nahostkonflikt, zur Handels- und zur Klimapolitik oder auch zum Nuklearabkommen mit dem Iran die Verstimmung vom November letzten Jahres der Vergangenheit angehören. Der Wiederannäherungsversuch war für Macron wohl deshalb wichtig, da er befürchten muss, nicht länger der wichtigste europäische Ansprechpartner der USA zu bleiben, wenn in Großbritannien der Trump-Freund Boris Johnson neuer Premierminister wird.

Die Politik sollte aber beim heurigen D-Day-Jubiläum nicht im Vordergrund stehen. Immerhin: Vor fünf Jahren hatte der damalige Staatschef François Hollande seine illustren Gäste zu einer Versöhnungsfeier eingeladen an der Seite von Barack Obama, Wladimir Putin, Angela Merkel und der britischen Queen Elizabeth II. In diesem Jahr stand Putins Name weder in Portsmouth noch in der Normandie auf der Liste der geladenen Ehrengäste. Auch in der Jubiläumsdiplomatie ist zwischen Kaltem Krieg und ewigem Frieden ein weiter Weg.

Hollywood löste Touristenflut aus

Für die Bevölkerung der Normandie und die vielen ausländischen Touristen war das auch nicht das Thema. Sie ergötzen sich an den zahlreichen Inszenierungen der historischen Luft- und Bodenoperationen oder Paraden mit Uniformierten, alten Flugzeugen und Militärfahrzeugen und anderem Rüstungsmaterial. Solche Anlässe werden während dieser Woche der ganzen Landungsküste entlang organisiert.

Was das Jubiläumspublikum sehen will, sind nicht zuletzt die Schauplätze der heroischen Filme über das damalige Geschehen – Klassiker unter den Kriegsfilmen wie „Der längste Tag“ oder „Der Soldat James Ryan“ und die Serie „Band of Brothers“. Den Filmen über die Landung mit dem Codenamen „Overlord“ verdankt diese sonst wenig attraktive Region der Normandie ihre touristische Anziehungskraft. Neben den Relikten an Bunkern, Wracks und Landungsbrücken, können sie mehr als hundert Gedenkstätten und Museen besuchen.

In den ersten Jahren nach dem Krieg wollten die Einheimischen, die unter den Bombardements und Vergeltungsaktionen der Besetzer schwer gelitten hatten, diese für den Kriegsverlauf entscheidende Episode am liebsten verdrängen. Nach den Veteranen und deren Nachkommen kommen heute Busse mit Touristen aus China für einen Abstecher an die Atlantikküste. In den letzten 20 Jahren hat sich die Zahl der auswärtigen Besucher mehr als verdoppelt. „Thank you Hollywood“ meint dazu die Zeitung „Le Dauphiné“ mit Ironie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2019)

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