Spanien ist irritiert über die Schließung des Abdullah-Zentrums

APA/HERBERT NEUBAUER
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Madrid wurde überrascht und berät nun weiteres Prozedere. Für die Schließung ist die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten notwendig.

Wien. Die vom Nationalrat geforderte Schließung des König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog in Wien droht die Beziehungen zu Spanien zu belasten. „Überrascht“ und „irritiert“ ist man laut „Presse“-Informationen in Madrid über den am Mittwoch verabschiedeten parlamentarischen Entschließungsantrag. Man habe davon selbst erst „aus den Medien erfahren“, hieß es aus spanischen Diplomatenkreisen. Vom Außenministerium in Wien sei man gar nicht kontaktiert worden – nicht einmal nach dem Votum.

Spanien hat gemeinsam mit Österreich und Saudiarabien die Organisation 2011 gegründet, der Vatikan hat Beobachterstatus. Derzeit wird in Madrid noch beraten, wie man vorgehen wird. Ob das Zentrum nun nach Spanien verlegt werden könnte – wie bereits in der Vergangenheit immer wieder spekuliert wurde –, könne man noch nicht sagen. Offen ist, ob die Organisation einen neuen Amtssitz finden müsse, wenn Österreich austritt.

Das Zentrum, das „den interreligiösen Dialog“ fördern will und großteils vom fundamental-islamischen Königreich Saudiarabien finanziert wird, hat von Anfang an für Kritik gesorgt: Angesichts der gravierenden Menschenrechtsverletzungen in Saudiarabien und der religiösen Unterdrückung sei eine solche Organisation „heuchlerisch“ und werde von Riad für PR-Zwecke missbraucht.

Dem Entschließungsantrag der Liste Jetzt haben SPÖ und FPÖ am Mittwoch zur Mehrheit im Plenum verholfen. Die ÖVP trug ihn nicht mit, forderte aber etwas später in einem eigenen Antrag die Einleitung von Schritten zur Schließung. Anlassfall ist die drohende Hinrichtung eines 18-Jährigen: Der Jugendliche sitzt wegen Teilnahme an einer Demonstration für Menschenrechte seit fünf Jahren in Haft. Ihm wird die Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe vorgeworfen. Schon 2015 drohte SPÖ-Kanzler Werner Faymann mit dem Aus: Anlass war die Auspeitschung des saudischen Bloggers Raif Badawi.

Das Außenministerium sicherte zu, den Beschluss umzusetzen. Ganz so schnell dürfte es aber nicht gehen – und einfach dürfte es auch nicht werden: Unterzeichnerstaaten dürfen sich erst nach einer sechsmonatigen Frist aus dem Abkommen zurückziehen. Davor müssen nochmals das Parlament und auch der Bundespräsident zustimmen.

Bedauern über Ende des Forums

So dämpfte Bundespräsident Alexander Van der Bellen Hoffnungen auf eine umgehende Umsetzung. „Das ist eine etwas kompliziertere Angelegenheit“, sagte er. Rabbiner Schlomo Hofmeister, der zuweilen als Gastredner am Zentrum aktiv war, bedauert auch angesichts des wachsenden Antisemitismus das mögliche Aus. „Ich hoffe, die Abgeordneten sind richtig informiert.“ Er ist voll des Lobs: Im Dialog zwischen Muslimen und Juden habe das Zentrum „vorbildliche, fantastische Arbeit“ geleistet. Eine politische Agenda, eine Einmischung von außen habe er nie verspürt. Hofmeister forderte: Die wichtige Funktion müsse erhalten bleiben.

Das Abdullah-Zentrum zeigte sich „sehr besorgt über die jüngsten politischen Manöver“. Es sei eine zwischenstaatliche Organisation „und keine NGO, Botschaft oder der verlängerte Arm eines Staats, inklusive Saudiarabiens“. In der aufgeheizten Wahlkampfstimmung drohe das Zentrum viel zu schnell Teil des „politischen und sozialen Narrativs“ zu werden, das nichts mit seinem Status oder seiner Mission zu tun habe.

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