Volker Türk, Vize-UNHCR-Chef, hält eine Null-Asylobergrenze für völkerrechtswidrig und EU-Asylzentren in Libyen für „völlig realitätsfern“. Der türkis-blauen Ex-Regierung wirft er vor, viel zu wenig Geld für die Flüchtlingshilfe in die Hand genommen zu haben.
Zur Person
Ex-Innenminister Herbert Kickl wollte die Asyl-Obergrenze auf null drehen. Was hat das bei Ihnen als stellvertretender Hochkommissar des UN-Flüchtlingshochkommissariats ausgelöst?
Volker Türk: Davon auszugehen, dass sich irgendein Land abschotten kann, ist absurd. Man kann keine Welt auf dem Reißbrett konstruieren. Österreich ist keine Insel. Es ist gefährlich, wenn man der Bevölkerung etwas verkaufen will, das mit Realität nichts zu tun hat. Und es ist gefährlich, über Menschen, die nach Österreich flüchten wollen, in einer Art zu reden, als ob sie niemals herkommen dürfen.
Volker Türk ist seit 2015 stellvertretender UN-Hochkommissar für Flüchtlinge (UNHCR) in Genf. Im April hat UN-Generalsekretär Antonio Guterres den Linzer Völkerrechtler zu seinem Stellvertreter für „strategische Koordinierung“ ernannt. Türk wird seinen neuen Job in New York im Juli antreten. Er ist Österreichs höchster Beamter bei den Vereinten Nationen.
Sind Flüchtlinge zu Feindbildern im politischen Diskurs geworden?
Die Zahl der Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, wird nicht kleiner. Aber die meisten kommen nicht nach Europa. In Österreich ist seit zwei Jahren die Anzahl der Asylwerber sehr stark zurückgegangen. An sich sollten Flucht und Asyl kein großes innenpolitisches Thema mehr sein. Es wurde trotzdem bewusst am Leben gehalten. Null-Asyl als Ziel auszurufen, widerspricht Österreichs völkerrechtlichen Verpflichtungen.