Iran schoss Drohne mit nachgebauten US-Raketen ab

Irans Oberster Führer, Ali Khamenei, und ein System jenes Typs, das die Drohne abgeschossen hat.
Irans Oberster Führer, Ali Khamenei, und ein System jenes Typs, das die Drohne abgeschossen hat. (c) APA/AFP/IRANIAN SUPREME LEADER´S (HO)
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Die Aufklärungsdrohne der US Navy ist von einem iranischen Flugabwehrsystem vom Himmel geholt worden, dessen Raketen just Nachbauten von Flugkörpern sind, die die USA einst in den 1970ern an die Regierung des Schah geliefert hatten.

Teheran/Washington. Mit dem Abschuss einer US-Aufklärungsdrohne Typ MQ-4C „Triton“ (bzw. eines ihrer Prototypen) haben die iranischen Streitkräfte, namentlich das Elitekorps der Revolutionsgarden, einen bemerkenswerten Doppelschlag gelandet: Erstens handelt es sich um den ersten Abschuss einer dieser flugzeuggroßen Maschinen, deren Grundmodell 2006 im US-Militär eingeführt wurde. Und zweitens benutzten die Iraner eine Boden-Luft-Rakete einheimischer Produktion, die allen Einschätzungen nach ein Abkömmling eines weit älteren US-Modells war.

Zu Details über den Vorfall, insbesondere über den Ort des Abschusses im internationalen oder iranischen Luftraum über der Straße von Hormus, gab es noch am Freitag widersprüchliche Angaben. Laut des Herstellers der Drohnen, Northrop Grumman, handelte es sich um eine Triton bzw. ein experimentelles Zwischenmodell zwischen dieser und der RQ-4 Global Hawk. Maschinen letzteren Typs sind in der US Air Force im Einsatz und werden bald auch an Länder wie Japan und Australien geliefert. Die Triton ist eine Marinevariante, an der jahrelang herumgebastelt wurde und die erst seit 2018 ausgeliefert wird; die US Navy hat 68 Stück bestellt, wobei die Gesamtkosten umgelegt pro Stück für 2015 mit 182 Millionen Dollar angegeben wurden.

Die Triton ist wie die Global Hawk ein fliegendes Auge, mit Radar, optischen und Infrarotsystemen bestückt, das in mehr als 16 Kilometern Höhe operiert, mehr als die übliche zivile Reiseflughöhe von zehn bis 14 Kilometern. Die klobig wirkenden Drohnen sind wirklich groß, etwa 14,5 Meter lang, fast fünf Meter hoch und vor allem mit beeindruckender Flügelspannweite von fast 40 Metern. Das ist länger als bei Jets der Airbus-Familie A320 und hat seinen Grund, denn während sie von Turbofantriebwerken von Rolls-Royce angetrieben werden, verleihen die Flügel sehr gute Segelflugeigenschaften. Das senkt den Spritverbrauch. Also können die Tritons bis zu 30 Stunden in der Luft bleiben und dabei um die 15.000 Kilometer zurücklegen, sagt jedenfalls der Hersteller.

Kein Selbstschutz?

Interessanterweise dürften die Tritons nicht mit Radarwarnern, Störsendern und Ablenkungssystemen gegen radargelenkte Flugkörper bestückt sein wie die Global Hawks. Ob das verhindert hätte, dass nun eine dieser Maschinen bei einem der gewiss ersten ernsthaften Einsätze abgeschossen wurde, sei dahingestellt – oder ein eventuell vorhandener Selbstschutz funktionierte nicht.

Jedenfalls sagen die Iraner, die Drohne sei in den Vereinigten Arabischen Emiraten gestartet und in großer Höhe mit einem Fliegerabwehrsystem Khordad-3 zerstört worden. Das ist ein mobiles, von russischen Modellen abgeleitetes Gerät (namentlich von „Buk“ – ein solches holte 2014 über der Ukraine ein malaysisches Passagierflugzeug vom Himmel). Man sieht auf Fotos, dass je drei Raketen auf einem Startwagen sind, je zwei Wagen ist ein Radarfahrzeug zugeordnet, das Ziele für die Raketen „beleuchtet“.

Die Vorlage kam vom „Großen Satan"

Und die dürften tatsächlich ihren Ursprung just beim „Großen Satan“ USA haben: Der nun benutzte Raketentyp – Modell Sayyad-2, eingeführt frühestens 2015 – ist nämlich ein Nachbau der RIM-66 Standard Missile SM-1 oder SM2. Das waren für die US Navy gebaute Luftabwehrraketen, die in den 1970ern auch an die Marine des Schah geliefert worden sind. Die Sayyad-2 soll eine Reichweite von 75 bis 120 Kilometern und eine Maximalflughöhe bis 30 km haben. Offenbar genug für die Drohne der Amerikaner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2019)

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