Russland: Aufschrei gegen Urteil

Der Fall Ustinow hat zu einem lauten Aufschrei in den russischen sozialen Netzwerken geführt.
Der Fall Ustinow hat zu einem lauten Aufschrei in den russischen sozialen Netzwerken geführt.(c) APA/AFP/YURI KADOBNOV
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Schauspieler Pawel Ustinow wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach öffentlichem Aufschrei sprach sich die Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag für eine Milderung des Urteils aus. Das Gericht soll heute, Freitag, entscheiden.

Moskau. Auf einem Video ist Pawel Ustinows Festnahme dokumentiert. Der 24-Jährige steht während einer Oppositionskundgebung Anfang August am Moskauer Puschkin-Platz und telefoniert. Mehrere behelmte Nationalgardisten laufen auf ihn zu, werfen ihn zu Boden, ein Polizist schlägt auf Ustinow ein, dann wird er abgeführt. Zu Wochenbeginn hat ein Moskauer Gericht Ustinow zu dreieinhalb Jahren Straflager verurteilt, weil er damals die Schulter eines Polizisten ausgerenkt haben soll. Das Video wurde als Beweismittel vor Gericht nicht zugelassen.

Der Fall Ustinow hat zu einem lauten Aufschrei in den russischen sozialen Netzwerken geführt, der an die Solidaritätskampagne im Fall des Journalisten Iwan Golunow vor ein paar Monaten erinnert. Golunow waren Drogen untergejubelt worden. Ustinow ist Schauspieler. Kollegen und Celebrities setzen sich nun für seine Freilassung ein. Ein „monströses Urteil“ nannte es Popsänger Sergej Lasarew, der Russland beim Song Contest vertreten hat und oppositionellen Aktivitäten fernsteht. Auch mehrere Kirchenvertreter kritisierten das Urteil.

„Sinnlose Härte des Staates“

Von einer „sinnlosen Härte des Staates“ spricht die Wirtschaftstageszeitung „Wedomosti“. Treffen könne diese offensichtlich „jeden beliebigen Menschen“. Ustinow selbst gibt an, zufällig am Ort des Protests gewesen zu sein. Er ist der sechste Verurteilte im Zusammenhang mit der jüngsten Protestwelle. Die Strafen werden als Mittel der Einschüchterung verstanden. Der Kreml stellte am Mittwoch das Urteil nicht direkt infrage, verwies jedoch auf die Option der Berufung. Am Donnerstag äußerte sich die Generalstaatsanwaltschaft zu dem Fall: Sie wies das Gericht an, die Strafe abzumildern. Dessen Entscheidung wird für heute, Freitag, erwartet. Wie schon im Fall Golunow scheinen die Behörden nach einer Welle der öffentlichen Empörung zurückzurudern.   (som)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2019)

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