Die Bilderberger: Wie alles begann

Bilderberger alles begann
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Der Literaturwissenschaftler Józef Retinger und der niederländische Prinz Bernhard standen an der Wiege des Treffens der Mächtigen. Auch David Rockefeller durfte nicht fehlen.

Anfang der fünfziger Jahre waren einige Leute auf beiden Seiten des Atlantik zu der Auffassung gelangt, dass die USA und Westeuropa nicht so eng zusammenarbeiteten, wie sie eigentlich sollten. Es war die Zeit des Kalten Krieges und der sowjetischen Bedrohung. Um die atlantische Kooperation vor diesem Hintergrund zu verbessern, hatte man die Idee, ein Gesprächsforum zu gründen, dessen "regelmäßige, nicht-öffentliche Diskussionen helfen würden, für ein besseres Verständnis der komplexen Kräfte und Haupttrends zu sorgen, die die westlichen Nationen in der schwierigen Nachkriegsperiode beeinflussten".

Józef Retinger als Initiator

Als "geistiger Vater" dieses exklusiven Zirkels wird der politische Philosoph und Literaturwissenschaftler Józef Retinger genannt. Retinger wurde 1888 in der österreich-ungarischen Monarchie geboren. Sein Vater vertrat damals in einem Prozess zwischen Galizien und Ungarn um ein Stück Land in der Nähe von Zakopane die polnische Streitpartei, den Aristokraten Wladyslaw Zamoyski.

Zamoyski übernahm, nachdem Józef Retinger verwaist war, dessen Vormundschaft. Ihm hat es Retinger zu verdanken, dass er in den Genuss einer hervorragenden internationalen Ausbildung kam. Dank seiner dabei erworbenen Kontakte schaltete er sich 1916 in die Geheimverhandlungen der bourbonischen Familie mit Kaiserin Zita um einen getrennten österreichisch-französischen Frieden ein.

Idee der europäischen Einheit

Es war jene Zeit, in der sich sein Interesse für eine Idee regte, die sein weiteres Leben bestimmen sollte: die europäische Einheit. "Retinger hielt die europäische Union für die einzige Lösung der anstehenden ökonomischen und politischen Probleme. So wie schon im 19. Jahrhundert pazifistische Ideen in einer Art offenen Konspiration von Menschen aus verschiedenen Ländern vertreten wurden, so wollte Retinger nach dem ersten Weltkrieg Männer wie Lutz in Deutschland, Benedetto Croce in Italien und Seymour Cocks in England in einer halbgeheimen Organisation verbinden, die für die Idee der europäischen Union eintreten sollte", schrieb die Wiener Zeitung einmal dazu.

Dabei knüpfte er Kontakte auch zur radikalen Linken, etwa zu Arbeiterführern in Westeuropa, den USA, Mexiko, aber auch mit der polnischen Sozialistischen Partei, als deren Repräsentant er in England jahrelang wirkte. In seinen Schriften aus den zwanziger und dreißiger Jahren gibt sich Retinger als glühender Sozialist.

Berater der polnischen Exilregierung

Retinger (rechts) mit Polens Exil-Premier Sikorski
Retinger (rechts) mit Polens Exil-Premier Sikorski

Während des Zweiten Weltkriegs wurde er zum Berater von General Sikorski, dem Premierminister der polnischen Exilregierung. Sikorski traf Anfang 1941 mit US-Präsident Roosevelt zusammen, um über die Gründung einer Föderation in Osteuropa zu sprechen. Retinger spielte in dieser Sache die Vorreiterrolle.

Doch Sikorski und Retinger sprachen auch mit westlichen Politikern, darunter Jasper, Spaak und Van Zeeland. Die beiden letztgenannten bildeten nach 1945 die ersten Exponenten für ein vereinigtes Europa. Schon während des Kriegs kam es auf Vorschlag Retingers zu regelmäßigen Treffen von Vertretern der europäischen Länder.

Mit vollem Einsatz für ein geeintes Europa

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs warf sich Retinger mit vollem Einsatz für Europa in die Bresche. Seine Bemühungen zielten zuerst auf einen unabhängigen Völkerbund mit rein ökonomischer Kooperation, eine Idee, die dann auch tatsächlich an der Wiege der Europäischen Gemeinschaft stand.

Dabei arbeitete der nun nach England emigrierte Retinger etwa mit Duncan Sandys von der Vereinigten Europäischen Bewegung oder mit dem Europapionier Richard Coudenhove-Kalergi zusammen. Er schloss sich schließlich der Bewegung Sandys an und organisierte 1947 in Den Haag einen großen Kongress, der "die Fundamente für die Entwicklung der europäischen Idee für die nächsten Dekaden" legte.

Nicht umsonst werden Retingers größte Fähigkeiten darin gesehen, "führende Persönlichkeiten verschiedener Länder zusammenzubringen, die dann Beschlüsse von größter Bedeutung fassten", wie es die "Presse" 1960 formulierte. Ganz offenbar sind seine Fähigkeiten und Arbeitsweisen auch bei der Gründung der Bilderberg-Runde Pate gestanden.

Prinz Bernhard macht mit

Retinger soll sich 1952 - besorgt über zunehmenden Antiamerikanismus in Europa - an den niederländischen Prinz Bernhard zur Lippe-Biesterfeld gewandt und ihm vorgeschlagen haben, den Vorsitz einer Konferenzrunde zu übernehmen, die die amerikanisch-europäischen Beziehungen neu definieren und neu beleben sollte.

Prinz Bernhard, von der Idee angetan, und Retinger setzten daraufhin eine Liste der Persönlichkeiten aus Westeuropa und den USA auf, die sie für geeignet hielten, an einer derartigen Runde teilzunehmen, einer Elite, die den "geistigen Überbau" des atlantischen Bündnisses bilden sollte. Da sich die USA gerade in einem Präsidentschaftswahlkampf befanden, verzögerte sich die Umsetzung des Projekts zunächst.

Ein Hotel als Namensgeber

1954 schließlich war es dann soweit. In Oosterbeek, einem kleinem Ort in den Niederlanden, der Heimat von Prinz Bernhard, traf sich eine handverlesene Runde hochrangiger Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft. Von 29. bis 31. Mai sprach man unter anderem über die Sowjetunion, den Kommunismus und die europäische Integration. Vom Veranstaltungsort, dem Hotel De Bilderberg, hat die Runde denn auch ihren Namen erhalten: die Bilderberger.

Hotel De Bilderberg
Hotel De Bilderberg

Erster Konferenzort: Hotel De Bilderberg

Neben Joseph Retinger und Prinz Bernhard gehörten zu den Männern der ersten Stunde unter anderem der amerikanische "Konservenkönig" Henry J. Heinz, der deutsche Stahlindustrielle Otto Wolff von Amerongen sowie David Rockefeller, damals für die New Yorker Chase National Bank (die spätere Chase Manhattan) tätig. Prinz Bernhard übernahm den Vorsitz der illlustren Runde, den er bis 1976 inne hatte (das Jahr, in dem ihn der Lockheed-Bestechungsskandal in gröbere Schwierigkeiten brachte).

Vorsitzende der Bilderberger:

1954 - 1976: Prinz Bernhard
1977 - 1980: Alec Douglas-Home
1980 - 1985: Walter Scheel
1985 - 1989: Lord Eric Roll of Ipsden
1990 - 1998: Lord Peter Carrington
seit 1998: Étienne Davignon

Damit war ein exklusiver Zirkel geboren, den man in der Folge als "Machtzentrum, mächtiger als Washington, Moskau, Paris oder Bonn" , als "Treffen der Mächtigen, Reichen und Großen" (Kurier) oder gar als "Könige der Nacht" (Salzburger Nachrichten) bezeichnen sollte. 1954 machte man in Oosterbeek den Anfang. "Und bald schon stand der Name Bilderberger als Kürzel für Macht, Geld, Einfluß, Beziehungen", meinte dazu einmal ein Kommentator in der damaligen „Wochenpresse".

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