CIA-Verhöre: Wurden Ärzte zu Komplizen von Folterern?

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CIAVerhoere Wurden aerzte Komplizen(c) REUTERS (POOL)
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Ärzte, die harte Befragungstechniken legitimierten, geraten in die Kritik von Kollegen: "Diese Forschung war ein Instrument dafür, dass Folter autorisiert wird."

Unter Folter gesteht jeder irgendwann alles, vor allem das, was der Folterer hören will: 2001 erzählte das Al-Qaida-Mitglied al-Libi CIA-Befragern, der Irak habe Massenvernichtungswaffen. Er hatte keine, aber für die USA war ihre Existenz der Kriegsgrund; al-Libis Aussage spielte bei der Angriffsentscheidung mit. Sicherer wurde die Welt für die USA dadurch nicht, im Gegenteil: Die „nationale Sicherheit“, die die Methoden des Verhörs von al-Libi – und Hunderter Anderer in Abu Ghraib, Guantanamo etc. – legitimieren sollte, wurde durch das falsche Geständnis „unterminiert“, schließt Vincent Iacopino (Physicians for Human Rights, Cambridge).

Die Verhörmethoden heißen „enhanced interrogation techniques“ (EITs) und umfassen Schlafentzug, Dauerlärm, erzwungenes Verharren in schmerzhaften Körperhaltungen etc. All das gilt für die UNO als Folter und war auch in den USA geächtet, bis 9/11 kam. Dann wurden EITs aus der Folter herausdefiniert: Das Justizministerium fasste zwar den Folterbegriff breiter – es ging nun auch um psychische Langzeitfolgen –, weichte ihn aber völlig auf: Folter sei etwas nur, wenn die Pein der Gefolterten im „spezifischen Interesse“ der Folterer liege und deren „präzises Ziel“ sei.

„Sicher, legal, effektiv“?

Das war selbst US-Offiziellen zu dünn, sie riefen Ärzte zu Hilfe, die sollte prüfen, ob EITs „sicher, legal und effektiv“ sind. Das taten sie an Befunden, die sie lange vor 9/11 gewonnen hatte: EITs sind keine Erfindung der USA, im Gegenteil, als erste litten GIs darunter, die im Koreakrieg in Gefangenschaft fielen. Das US-Militär entwickelte ein Training, das helfen sollte, EITs zu widerstehen. Teilnehmer daran wurden später zu Studienzwecken EITs ausgesetzt, und die begleitenden Ärzte bestätigten 2001 dem Justizministerium: „Wenn es überhaupt irgendwelche negativen psychischen Langzeitfolgen geben sollte, sind sie mit Sicherheit minimal.“

Allerdings wurden gar keine Langzeitfolgen erhoben, kritisiert Iacopino, zudem seien die Testpersonen nur beschränkten EITs ausgesetzt worden und hätten die Tests jederzeit abbrechen können. Es gab auch später Studien, 2005 bei echten EITs an terrorismusverdächtigen Gefangenen, ihre Befunde blieben geheim. Iacopino ist trotzdem sicher, „dass diese Studien nur dazu dienten, das vorgefasste Urteil zu bestätigen, dass EITs ,sicher, legal und effektiv‘ sind: Diese Forschung war nicht nur ein Instrument dafür, dass Folter autorisiert und eingeführt wurde, sie förderte auch eine Komplizenschaft von Ärzten in kriminellen Akten der Folter“ (Science, 331, S.34).

Welche Ärzte tun so etwas? Und wie bringt man sie zur Ethik (ihres Berufs) zurück? „Primum non nocere“, zitiert Iacopino den Grundsatz der medizinischen Ethik: „Als Erstes richte keinen Schaden an!“ Hilft der Appell an die Moral? Iacopino verweist auch auf seine Kollegin Shane O'Hara, die EITs 2009 auf einer anderen Ebene angegriffen hatte, auf der pragmatischen: „EITs sind kontraproduktiv“, weil unter ihrem Stress die Erinnerung nicht geschärft werde, sondern leide. jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2011)

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