Frankreich: Mit voller Kraft nach rechts

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Der rechte Flügel von Sarkozys Regierungspartei verselbstständigt sich zusehends. Die "Droite populaire" hat keine Berührungsängste zu Le Pen. Man stellt aber Sarkozys Führungsanspruch derzeit nicht infrage.

Paris. Eine niedergeschlagene „Fin de règne“-Stimmung herrscht nach Meinung von Magazinen wie „Le Point“ oder „Nouvel Observateur“ in der französischen Regierungspartei UMP, die ihre konservative Festung im Senat verloren hat. Einige sollen in ihrer Verzagtheit sogar an ihrem Präsidenten Nicolas Sarkozy und seiner Fähigkeit, sie im Frühling 2012 mit seiner Wiederwahl zum Sieg zu führen, zweifeln.

Der derzeitige Außenminister und Ex-Premier Alain Juppé, der oft als aussichtsreichster Ersatzmann genannt wird, musste aufgrund dieser hartnäckigen Gerüchte sogar öffentlich dementieren, dass er an Sarkozys Stelle zu kandidieren gedenke. Es sei denn, Sarkozy selbst bewerbe sich nicht (aus welchen Gründen auch immer, über die Juppé nicht spekulieren wollte).

Politisch unkorrekt und populär

Am rechten Rand der Partei stellt man Sarkozys Führungsanspruch zwar derzeit nicht infrage. Die seit geraumer Zeit existierende Gruppe mit dem Namen „Droite populaire“ (DP), die rund vierzig Abgeordneten umfasst, glaubt allerdings den Grund für den schwindenden Kredit bei den Wählern zu kennen: Die Distanz zu den Bürgern und zu deren echten Sorgen und Interessen sei daran schuld. Um „populär“ zu sein, wie sich diese Fraktion der Rechten selbst getauft hat, müsse die Regierungspartei ohne Scheu auch Themen aufgreifen, die andere nicht unbedingt politisch korrekt finden. Hat nicht Präsident Sarkozy schon 2007 mit dem Slogan einer „von ihren Komplexen befreiten Rechten“ die Wahl gewonnen?

Übersetzt in den aktuellen Kontext soll das heißen: Die im ihrem Herzen konservative UMP soll sich weder von den Wahltriumphen der linken Gegner beeindrucken lassen noch sich genieren, bei der extremen Rechten des Front National zu nehmen, was brauchbar und politisch vertretbar sein kann.

Keine Berührungsängste hat diese von Transportminister Thierry Mariani angeführte Gruppe auch mit Rechtspopulisten in Europa. Was für Blochers SVP in der Schweiz oder die Freiheitlichen in Österreich oder Rechtsparteien in Belgien und den Niederlanden als Slogans funktioniert, kann auch in Frankreich ankommen. Der Abgeordnete Christian Vanneste, der als einer der Wortführer der DP unter anderem mit homophoben Sprüchen für Schlagzeilen gesorgt hat, geht weiter: Er hat vor dem Sommer schon eine Allianz der Rechten inklusive den FN für die Zeit nach den Wahlen 2012 gewünscht.

Schon in der Vergangenheit hat dieser rechte Flügel der „Populären“ mit Vorschlägen aufgewartet, die ihnen (vor allem von links) den Vorwurf eingebracht haben, sie wollten wohl Brücken zu Marine Le Pen und ihrem etwas salonfähigeren FN bauen. Von dieser Gruppe kamen die Forderung nach dem Burka-Verbot, die Idee, Asyl- und Immigrationskandidaten mit genetischen Tests zu registrieren oder die Sanktion, Eltern von notorischen Schulschwänzern Fürsorgegelder zu entziehen. Die Immigration und Probleme mit dem Islam sowie die Sicherheit der Bürger stehen auch im Zentrum eines Arbeitsprogramms von zwölf Vorschlägen, die die „Droite populaire“ in diesen Tagen publiziert hat.

Spaltet sich die Gruppe ab?

Neuerdings können interessierte Mitbürger direkt Mitglied der „Bewegung“ DP werden und müssen nicht zugleich ein UMP-Parteibuch besitzen. Das ist ein erster Schritt zur Autonomie.

Für politische Beobachter ist das aber auch Ausdruck einer zentrifugalen Tendenz in der UMP, die seit ihrer Gründung durch Jacques Chirac eine Art Dachverband der bürgerlichen Kräfte hinter dem Präsidenten bilden sollte. Während andere um den Ex-Umweltminister Jean-Louis Borloo die linke Mitte belegen wollen, lautet die Devise der DP: volle Kraft nach rechts!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2011)

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