Milorad Dodik: „Wir wollen auch Valentin Inzko klagen“

(c) AP (Amel Emric)
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Der Präsident der Republika Srpska, Milorad Dodik, will die in Sarajewo ansässigen Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft vor ein Gericht bringen.

Wien. Wirtschaftstreibende, Mitglieder der serbischen Community und SPÖ-Politiker wie Ex-Bundesratspräsident Albrecht Konecny kamen Donnerstagabend zur Eröffnung der Vertretung der „Republika Srpska“ (RS) in Wien. Das Büro in der Wiener Innenstadt soll vor allem die wirtschaftlichen Interessen des serbischen Landesteils von Bosnien in Österreich vertreten. Auch der Präsident der RS, Milorad Dodik, erschien zur Feier, Vertreter des österreichischen Außenamts fehlten.

Die Presse: Warum hat die Republika Srpska eine eigene Vertretung eröffnet? Es gibt ja auch eine Botschaft von Bosnien und Herzegowina in Wien.

Milorad Dodik: Ja, es gibt eine bosnische Botschaft in Wien. Und das hier ist keine Botschaft. Das ist unsere Wirtschafts- und Kulturvertretung. Wir sind nicht damit zufrieden, wie die Interessen der Republika Srpska von den diplomatischen Vertretungen von Bosnien und Herzegowina im Ausland vertreten werden. Eine Zeit lang hat dieses diplomatische Netz das serbische Volk marginalisiert.

Hätten Sie auch gehofft, dass ein Vertreter des österreichischen Außenamtes hierher kommt?

Wir haben eine gute Zusammenarbeit mit Österreichs Regierung. Das österreichische Kapital ist sehr präsent in der Republika Srpska. Ich habe in Wien auch viele Geschäftsleute getroffen.

Sie fordern regelmäßig die Auflösung des Büros des Hohen Repräsentanten, der für die internationale Gemeinschaft überwacht, dass der Dayton-Friedensvertrag eingehalten wird, der 1995 den Krieg in Bosnien beendet hat. Bisher war die Forderung vergeblich.

Man hätte dieses Büro schon längst auflösen müssen. Bosnien und Herzegowina braucht keinen Hohen Repräsentanten. Die größte Leistung von Paddy Ashdown (Hoher Repräsentant von 2002 bis 2006) war, zu beweisen, dass der Staat Bosnien und Herzegowina nicht funktionieren kann. Deswegen musste er auch Gewalt anwenden und Gesetze erzwingen. Er war aber nicht berechtigt dazu. Er war ein Spekulant.

Was meinen Sie mit Spekulant?

Ashdown ist mit einem vordergründigen Ziel gekommen, wollte aber in Wirklichkeit etwas ganz anderes erreichen. Er wollte aus Bosnien und Herzegowina ein Land außerhalb des Dayton-Abkommens bauen. Das hat er selbst zugegeben. Deshalb wollen einige Menschen in der Republika Srpska eine Klage gegen ihn einbringen.

Was halten Sie vom jetzigen Repräsentanten, dem österreichischen Diplomaten Valentin Inzko?

Er hätte längst schon nach Hause gehen sollen. Ich hoffe, dass es für ihn hier schöner ist, als in Bosnien. Ich glaube nicht, dass er ein schlechter Mensch ist, aber er ist ein schlechter Hoher Repräsentant. Er hat Gesetze erzwungen.

Erwägen auch Sie als Person Klagen gegen Ashdown?

Ja, warum nicht. Ich würde das gerne machen. Aber wir fürchten, dass die britische Regierung ihre unabhängige Justiz soweit beeinflussen würde, dass Klagen gegen Ashdown fallen gelassen würden.

Würden Sie auch den jetzigen Hohen Repräsentanten Inzko klagen?

Das würden wir in Österreich machen. Wir warten, bis sein Mandat ausgelaufen ist.

Aber vor welchem Gericht wollen Sie den Hohen Repräsentanten klagen?

Damit werden sich unsere Anwälte beschäftigen. Wir dokumentieren penibel alle Verletzungen: Was die Hohe Repräsentanten machten, widerspricht Dayton. Sie setzten demokratisch gewählte Vertreter ab und sind nicht dazu berechtigt.

Die Hohen Repräsentanten setzen Politiker auf Grundlage ihrer besonderen Vollmachten ab.

Sie haben sich selbst diese Vollmachten geben lassen. Es müssten Lösungen innerhalb von Bosnien und Herzegowina unter Beteiligung aller Volksgruppen gefunden werden – und nicht Lösungen, die von außen aufgezwungen werden.

Aber die Volksgruppen haben Schwierigkeiten, sich zu einigen. Die EU hat klargemacht, dass Bosnien und Herzegowina die komplizierten Dayton-Strukturen reformieren muss, um der Union beitreten zu können. Wie kann also eine Lösung aussehen?

Eine Zentralregierung darf nur ganz wenige Vollmachten haben – nur in der Außenpolitik. Die internationale Gemeinschaft hat sich sehr um die Zentralisierung des Landes gekümmert und das ist gescheitert. Sollten wir nicht innerhalb von Bosnien und Herzegowina eine Lösung finden, besteht die Gefahr, dass es in die einzelnen Bestandteile zerfällt. Und das sollte eigentlich keine Tragödie sein.

Zur Person

Als Milorad Dodik 1998 im serbischen Landesteil von Bosnien und Herzegowina die Macht übernahm, feierte ihn der Westen als „nichtnationalistische Alternative“ zu Radovan Karadžić. Doch auch er geriet in Konflikt mit den Vertretern der internationalen Gemeinschaft. Dodik drohte wiederholt mit einem Referendum über eine Unabhängigkeit der Republika Srpska.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2012)

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