Sarkozy schloss Kampagne mit heftigen Attacken ab

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WahlplakatReuters (Stephane Mahe)
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Präsident Sarkozy bezeichnet sich als Opfer einer Form von "Rassismus und Intoleranz". Konkurrent Hollande führt nach wie vor in den Umfragen. In den Überseegebieten hat die Wahl bereits am Samstag begonnen.

In Frankreich hat am Sonntag die zweite und entscheidende Runde der Präsidentschaftswahl begonnen. 44,5 Millionen Wähler sind aufgerufen, sich zwischen dem Sozialisten Francois Hollande und dem konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy zu entscheiden. Hollande ist klarer Favorit: Die Umfragen sehen ihn mit bis zu 53,5 Prozent vor Sarkozy mit bis zu 47,5 Prozent. Um eine Niederlage dennoch abzuwenden, wagte Sarkozy (UMP) vor dem Urnengang einen heftigen Rundumschlag. Der 57-Jährige attackierte das "politisch-mediale System", erklärte sich als Opfer einer gewissen Form von "Rassismus und Intoleranz" und zitierte sogar Papst Johannes Paul II.

In einem abschließenden Wahlkampfauftritt in Les Sables-d'Olonne in Westfrankreich rief Sarkozy seine Sympathisanten zur "Freiheit" auf, sie sollten "das Diktat des einheitlichen Denkens nicht akzeptieren", zeigte sich der UMP-Politiker kämpferisch. Er bedauerte die "Beschimpfungen" und "Beleidigungen", mit denen er "überschüttet" worden sei. Er warf den Sozialisten und deren Präsidentschaftskandidaten Francois Hollande (PS) vor, einen "stalinistischen Prozess" gegen ihn zu führen.

Freundlichkeit ist eine Frage der Erziehung

In Les Sables-d'Olonne am Freitagabend startete Sarkozy einen verbalen Angriff gegen einen Reporter des führenden französischen Fernsehsenders TF1 (Gruppe Bouygues), weil dieser ihm während einer Direktübertragung in der TF1-Nachrichtensendung den Rücken drehte. "Wenn unser Frend, der eine Direktübertragung macht, indem er mir den Rücken kehrt, sofort aufhören könnte, würde er mir einen Gefallen tun", sagte Sarkozy erzürnt und löste damit die Buhrufe und Pfiffe der anwesenden Sympathisanten gegen den Journalisten aus. "Keine Sorge, die Freundlichkeit ist bloß eine Frage der guten Erziehung. Wenn sie fehlt, werden wir dem Abhilfe verschaffen", fügte der Präsident hinzu.

Bei der abschließenden Wahlkampfveranstaltung sprach sich Sarkozy auch gegen die Euthanasie aus. Er kritisierte die Lebensbedingungen der Christen in einigen orientalischen Ländern und zitierte Papst Johannes Paul II. "Ein großer Papst hat gesagt: 'Habt keine Angst'. So habt Vertrauen in euch, wenn ihr euch mobilisiert, wenn ihr daran glaubt, wird der 6. Mai euer Sieg sein und nicht meiner, es wird der Sieg Frankreichs sein." Mit Blickrichtung auf die knapp 18 Prozent Wähler des rechtsextremen "Front national" (FN) von Merine Le Pen stellte Sarkozy erneut das Schengen-Abkommen in Frage und sprach sich für eine Kontrolle der nationalen Grenzen aus.

Am Sonntag ist alles möglich

"Sarkozy hat mich unterschätzt", kommentierte Hollande am Samstagvormittag in einem Radiointerview lakonisch die jüngsten Entwicklungen im Wahlkampf. Der Sozialist liegt in Umfragen nach wie vor in Führung, eine jüngste IFOP-Umfrage sagte ihm allerdings nur noch 52 Prozent der Stimmen voraus, gegen 54 bis 56 in den vorangegangenen Erhebungen. Hollande betonte auch, dass es "kein Abkommen" mit dem zentrumsbürgerlichen Chef des "Mouvement démocrate" (MoDem), Francois Bayrou, gegeben habe, der am Donnerstag angekündigt hatte, für den Sozialisten zu stimmen. Die konservative Tageszeitung "Le Figaro" berichtete dagegen am Sonntag, dass Bayrou der Vorsitz der Nationalversammlung versprochen worden sei, die im Juni neu gewählt wird.

Wahlbeginn in den Überseegebieten

Seit Samstag 12 Uhr MESZ können bereits über 5000 Wahlberechtigte auf den Inseln Saint-Pierre und Miquelon vor der kanadischen Atlantikküste ihre Stimmzettel abgeben. Im Laufe des Tages werden in weiteren Überseegebieten wie den Karibikinseln Guadeloupe und Martinique die Wahllokale öffnen. Ursache des vorzeitigen Wahlbeginns in Überseegebieten ist die große Zeitdifferenz zu Europa.

Die erste Runde am 22. April hatte Hollande mit weniger als zwei Prozentpunkten Vorsprung gewonnen. Bei einem Wahlsieg wäre er der erste sozialistische Präsident seit Francois Mitterrand, der von 1981 bis 1995 französischer Staatschef war. Die Amtszeit Sarkozys endet am 15. Mai um Mitternacht. Hollande hatte für den Fall eines Erfolgs eine Amtsübernahme an diesem Tag angekündigt. Dann will der Sozialist auch bekanntgeben, wer neuer Regierungschef wird.

(Ag./Red.)

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