Auch österreichische Ärzte könnten nach Brexit Job verlieren

Großbritannien ist auf ausländische Ärzte angewiesen.
Großbritannien ist auf ausländische Ärzte angewiesen.imago/ITAR-TASS
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Mehr als 300 Mediziner mit einem Studienabschluss in Österreich sind in Großbritannien registriert. Ob sie dort nach dem EU-Ausstieg weiterarbeiten dürfen ist ungewiss.

Der Brexit kann für das britische Gesundheitswesen schlimm werden. Rund 30.000 Ärzte aus dem europäischen Wirtschaftsraum sind dort wegen des Ärztemangels tätig. Das sind elf Prozent der in Großbritannien registrierten 280.000 Ärzte. Auch mehr als 300 Ärzte aus Österreich könnten laut der Ärztezeitschrift "Medical Tribune" durch den EU-Austritt des Landes von negativen Konsequenzen betroffen sein.

Für Tausende Ärzte aus der EU beginne jedenfalls eine Zeit der Unsicherheit, schrieb die Ärztezeitschrift jetzt in ihrer neuesten Ausgabe. Die Angaben von zumindest 30.000 aus dem europäischen Wirtschaftsraum stammenden Ärzten durch das britische General Medical Council (GMC), einer Organisation vergleichbar mit der Ärztekammer in Österreich, seien allerdings mit einem erheblichen Unsicherheitsfaktor behaftet.

Anfang Februar waren laut der "Medical Tribune" jedenfalls 324 Ärztinnen und Ärzte mit österreichischen Zeugnissen beim GMC registriert. Das hätte auch das internationale Büro der Österreichischen Ärztekammer bestätigt. Von diesen Ärzten hätten nur 215 eine Arbeitserlaubnis für Großbritannien. Das GMC hätte aber darauf hingewiesen, dass nicht alle diese Ärzte notwendigerweise Österreicher seien. Die Staatsbürgerschaft werde nämlich nicht registriert, nur das Land, in welchem die Ausbildung abgeschlossen worden sei, zitierte die Zeitschrift eine Auskunft der österreichischen Standesvertretung. Aus Deutschland könnten allein rund 1000 Ärzte vom Brexit betroffen sein.

Massive Lücken in britischem Gesundheitssystem

Ein Viertel aller Ärzte in Großbritannien kommt derzeit aus dem Ausland. Die Auswirkungen des Brexit drohen allerdings erst mit dem Abschluss der entsprechenden Verhandlungen. Während österreichische Gesundheitsökonomen das britische Gesundheitswesen (National Health Service - NHS) in der Vergangenheit oft gelobt haben, gibt es in Großbritannien selbst eine anhaltende heftige Debatte über gravierende Mängel, was Versorgungsengpässe angeht. Ohne Ärztemangel und entsprechende Bemühungen, die Lücken zu füllen, wären wohl auch nie so viele ausländische Ärzte in Großbritannien tätig geworden.

Bei der Fortbildungswoche der Österreichischen Apothekerkammer in Schladming verwies am Sonntag die britische Expertin Anita Weidmann (Robert Gordon University/Aberdeen) auf vergleichende Statistiken: In Österreich kämen auf 10.000 Einwohner rund 50 Ärzte. Im flächenmäßig etwa gleich großen Schottland seien es beispielsweise nur 25.

Das GMC hat laut der österreichischen Ärztezeitschrift für Großbritannien bereits eine Warnung abgegeben: "Unser Gesundheitssystem (das britische; Anm.) profitiert erheblich vom Beitrag ausländischer Ärzte." Der Austritt aus der EU könnte "signifikante Auswirkungen" haben. Der Knackpunkt für die Zukunft sei, inwieweit man sich mit der EU auf einen weiterhin freien Zugang zum Arbeitsmarkt, zumindest in diesem Bereich, einigen könne. Umgekehrt betreffe der Brexit übrigens vergleichsweise wenige britische Ärzte, die ihrerseits im EU-Ausland tätig sind. Großbritannien zählt zu den beliebtesten "Märkten", in die es Ärzte innerhalb der derzeitigen EU bisher zog.

(APA)

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