Deutschland, Frankreich und Italien üben Kritik an Trump. Viktor Orbán steht „unter Schock“.
Wien. Nach dem Ausstieg der USA aus dem Klimaabkommen von Paris war in den europäischen Hauptstädten am Freitag demonstrative Entschlossenheit angesagt. „Es wird nicht der Rückwärtsgang bei der Energiewende eingelegt. Es gibt kein Zurückweichen“, sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor einem Treffen mit Chinas Premierminister, Li Keqiang. Zwar wollen die EU und die Volksrepublik künftig verstärkt beim Kampf gegen den Klimawandel zusammenarbeiten, doch wegen Uneinigkeiten in handelspolitischen Fragen kam eine entsprechende gemeinsame Erklärung beim gestrigen Gipfeltreffen nicht zustande. Erfolgreicher waren die Europäer indes bei der Afrikanischen Union: Die EU und Afrika werden gemeinsam an der Umsetzung des Pariser Abkommens weiterarbeiten, hieß es in einem Kommuniqué.
Eine weitere Bruchstelle verursachte Trump innerhalb des Clubs der G7-Industrienationen. Nach dem konfliktträchtigen Treffen im sizilianischen Taormina vergangene Woche, bei dem sich der US-Präsident und seine Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Kanada, Japan und Großbritannien lediglich über die Bekämpfung von Terrorismus einig gewesen waren, übten die kontinentaleuropäischen G7-Mitglieder Kritik an Trump: „Wir sind davon überzeugt, dass der Klimapakt von Paris nicht neu verhandelt werden kann, weil er von globaler Bedeutung ist“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Staatspräsident Emmanuel Macron und Ministerpräsident Paolo Gentiloni.
London schweigt
Einzig Großbritanniens Premierministerin Theresa May glänzte durch Abwesenheit: May habe in einem persönlichen Gespräch mit Trump ihr Bedauern ausgedrückt, man wolle die Entscheidung nicht weiter kommentieren, hieß es aus London. Zumindest aus der Perspektive der Regierung in Berlin dürfte Mays ostentative Distanz zur EU keine Überraschung sein. Vergangenes Wochenende hatte Merkel in einer Rede davor gewarnt, dass sich Deutschland künftig nicht mehr auf Großbritannien und die USA verlassen könne.
Abseits der Politik waren die Reaktionen auf Trumps Entscheidung einhellig negativ. Die Stellungnahmen reichten von „schwerer Rückschlag für den Klimaschutz“ (europäischer Wirtschaftsbund Businesseurope) über „das Abkommen von Paris ist größer als einzelne Regierungen“ (World Wildlife Fund) bis hin zu „der Austritt ist Schritt zur Isolierung der USA von internationalen Entwicklungen“ (Global 2000). Selbst Ungarns nationalpopulistischer Premier, Viktor Orbán, der im November 2016 über den Wahlsieg Trumps gejubelt hatte, stand wegen der US-Entscheidung „unter Schock“. (ag./la)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2017)