Neue Brexit-Schlappe für May

Die Regierung May hat im Unterhaus keine Mehrheit.
Die Regierung May hat im Unterhaus keine Mehrheit.(c) HANNAH MCKAY (HANNAH MCKAY)
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Das House of Lords stärkt die Forderungen von Teilen der Tories und Labour nach einem Verbleib in einer Zollunion mit der EU.

London. Der Nervengasanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal, die Luftschläge gegen das Regime in Syrien und zuletzt der Skandal um die Ausweisung von karibischen Einwanderern – für einige Wochen schien der Brexit aus der britischen Tagespolitik verschwunden zu sein. Doch das House of Lords setzte eventuellen Hoffnungen der Regierung auf ein Ende der Kontroverse ein jähes Ende: Mit einer großen Mehrheit von 123 Stimmen stimmte das Oberhaus für eine Resolution, die „regelmäßige Berichterstattung über Schritte zur Aushandlung einer Vereinbarung mit der EU“ über eine künftige Zollunion verlangt.

Die Regierung reagierte „enttäuscht“ und zeigte sich entschlossen, die Forderung der zweiten Parlamentskammer, in der sie keine Mehrheit hat, zurückzuweisen. „Die Entschließung verlangt von uns nicht den Verbleib in der Zollunion, sondern nur eine Stellungnahme im Parlament über von uns unternommene Schritte“, erklärte das zuständige Brexit-Ministerium. Man habe „keinerlei Absicht“, die bisherige Position eines Verlassens der EU-Zollunion „noch einmal zu überdenken“, betonte Staatssekretär Lord Callanan.

Formal mag das korrekt sein, aber in der Realität wird sich die Regierung schwerertun, die Forderung der Lords einfach vom Tisch zu wischen. Die klare Mehrheit von 123 Stimmen, darunter 24 Konservative, wird nämlich auch im Unterhaus jenen Kräften Auftrieb geben, die einen Verbleib in der Zollunion noch einmal aufs Tapet bringen wollen. Die oppositionelle Labour Party hat dies zuletzt zu ihrer offiziellen Politik erklärt. Ihr Brexit-Sprecher Keir Starmer pries das Votum der Lords denn umgehend als einen „wichtigen Schritt vorwärts“. Bleibt Labour geschlossen und schließen sich ihr in dieser Frage die Tory-Rebellen im Unterhaus an, könnte dies Premierministerin Theresa May zu einem Kurswechsel zwingen. „Die Lords haben mutig das Wohl des Landes über die Parteipolitik gestellt. Ich weiß, dass viel Abgeordnete ihre Position teilen“, jubelte die Abgeordnete Anna Soubry, eine Wortführerin der konservativen Abweichler, nach der Abstimmung.

Die Regierung May hat im Unterhaus keine Mehrheit und ist auf – teure – Unterstützung der nordirischen Unionisten angewiesen. Der Austritt aus der Zollunion ist eine der roten Linien der Londoner Führung. Man erhofft sich davon die Chance, mit der ganzen Welt Handelsabkommen nach Belieben aushandeln zu können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2018)

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