Treffen in Wien: EU-Ratspräsident befragt Kurz zu "Achsen" und "Freunden"

APA/HANS KLAUS TECHT
  • Drucken

Donald Tusk ist beim Bundeskanzler. Es geht vordergründig um Österreichs EU-Ratspräsidentschaft. Der Besuch kommt zu einem heiklen Zeitpunkt. Am Sonntag ist Mini-Gipfel zur Flüchtlingskrise. Und Frankreich warnt bereits vor der Auflösung Europas.

Zwei Tage vor dem EU-Minigipfel zur Migrationspolitik hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) demonstrativ die Führungsrolle von EU-Ratspräsident Donald Tusk in dieser Frage betont. "Er hat die Führung im Europäischen Rat, er ist derjenige, der mit uns zusammenarbeitet, um die Außengrenzen der Europäischen Union zu schützen", sagte Kurz zu Beginn eines Treffens mit Tusk am Freitag in Wien.

Tusk hatte sich von dem Minigipfel distanziert, dem die Regierungschefs der vier Visegrad-Staaten (Tschechien, Ungarn, Polen und die Slowakei) aus Protest fernbleiben. Das von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ausgerichtete Treffen kommt auf Initiative der deutschen Kanzlerin Angela Merkel zustande, die innenpolitisch unter massivem Druck steht, eine europäische Lösung in der Flüchtlingskrise zustande zu bringen. Kurz nimmt an dem Treffen teil, hat sich aber zurückhaltend zu den Einigungschancen geäußert.

Tusk ließ anklingen, dass er den ÖVP-Chef zu dessen Achsenbildungsaktivitäten innerhalb Europas befragen will. "Ich möchte seine Meinung über seine Kooperation mit anderen Staaten hören, mit seinen Freunden der Visegrad-Gruppe", sagte der Ratspräsident mit Blick auf die Teilnahme des Kanzlers am Treffen der Visegrad-Staaten am gestrigen Donnerstag in Budapest.

Der polnische Ex-Premier zeigte sich erfreut, dass sich ein "gemeinsames Denken" über die Flüchtlingspolitik in Europa entwickle. "Das ist zumindest unsere Hoffnung", sagte er auf die Frage, ob er sich vom nächsten Gipfel eine Lösung erwarte. "Die wahre Priorität für uns ist es, unsere Außengrenzen zu schützen. Das ist die erste Bedingung, um das Problem der Migration zu lösen", unterstrich Tusk, der kommenden Donnerstag und Freitag den regulären Gipfel aller 28 EU-Staats- und Regierungschefs ausrichten wird.

Kurz wies darauf hin, dass Tusk nach Wien gekommen sei, "um die österreichische Ratspräsidentschaft vorzubereiten". Am Sonntag kommender Woche übernimmt Österreich für ein halbes Jahr den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Wichtigstes Thema ist dabei die Migrationspolitik, zu der Österreich am 20. September einen informellen EU-Gipfel in Salzburg veranstalten will. Kurz erwartet sich "spätestens" bei diesem Treffen Fortschritte in der europäischen Migrationspolitik, während er hinter den Kulissen schon eifrig an der Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Regierungen zimmert, etwa bei der Errichtung von Asylzentren außerhalb der EU. Die bayerische CSU, die neue italienische Regierung sowie die Visegrad-Staaten erwarten sich von Österreich einen Kurswechsel in der Migrationspolitik.

Paris warnt vor Auflösung Europas

Eine europäische Einigung in der Migrationspolitik tut jedenfalls Not. Der französische Regierungssprecher Benjamin Griveaux warnte zwei Tage vor dem Mini-Krisengipfel in Brüssel vor einem Scheitern: "Falls Europa unfähig ist, sich auf ein gemeinsames Migrationskonzept zu einigen (und) daran zu arbeiten, (dann) fürchte ich unglücklicherweise, dass es (Europa) sich endgültig auflöst", sagte Griveaux. Die Migrationsfrage werde auch bei den Europawahlen im kommenden Jahr eine zentrale Bedeutung haben.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.