EU-Gerichtshof: Rote Richterin geht in Verlängerung

Österreich muss während seines EU-Vorsitzes im zweiten Halbjahr über die Neubesetzung der österreichischen Richterstelle am EU-Höchstgericht entscheiden.
Österreich muss während seines EU-Vorsitzes im zweiten Halbjahr über die Neubesetzung der österreichischen Richterstelle am EU-Höchstgericht entscheiden.(c) REUTERS (Francois Lenoir)
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Katharina Pabel, von der Koalition als neue Richterin Österreichs am EU-Höchstgericht ausersehen, hat aufgegeben. Die jetzige Richterin, Maria Berger, bleibt vorerst.

Wien/Brüssel/Luxemburg. Katharina Pabel, Dekanin der Linzer Jusfakultät, wird nun doch nicht Richterin am Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH). Wie Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal am Dienstag bekanntgab, hat Pabel ihre Bewerbung um die Nachfolge der bisherigen Richterin, Maria Berger, zurückgezogen.

Während die Gründe für diesen Schritt vorerst im Dunkeln blieben, scheint eines sicher: Bis zum 8. Oktober, an dem Pabel das Amt am EuGH in Luxemburg hätte antreten sollen, wird sich die Ernennungsprozedur für eine andere Person nicht ausgehen. Maria Berger, sozialdemokratische ehemalige Justizministerin, wird also ein paar Wochen länger als geplant in Luxemburg bleiben. Nämlich so lange, bis ein Nachfolger ernannt ist.

Heikles Hearing in Brüssel

Nach „Presse“-Recherchen dürfte Pabel aufgegeben haben, nachdem sie am Freitag in Brüssel im Prüfausschuss der EU für neue EuGH-Mitglieder aufgetreten war. Pabel will sich dazu nicht äußern; sie scheint nach dem Hearing aber kein gutes Gefühl gehabt zu haben; offenbar wollte sie mit dem Rückzug einer Negativbewertung zuvorkommen.

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sah sich in der Kritik seiner Partei an Pabels Kür wegen „mangelnder Fachexpertise“ bestätigt. „Ihre erzkonservativen Ansichten in Sachen Schwangerschaftsabbruch und ihre Angriffe auf den EuGH haben sie aus unserer Sicht absolut ungeeignet gemacht“, schrieb Schieder in einer Aussendung. Dass Pabel, die aus ihrer persönlichen Ablehnung von Abtreibungen kein Hehl macht, aber aus ideologischen Gründen abgelehnt wurde, ist unwahrscheinlich. Der Prüfausschuss, in dem neben anderen der Präsident des deutschen Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, sitzt, prüft nicht Weltanschauungen, sondern Sprach- und Fachkenntnisse.

Die Regierung dürfte die Stelle nicht neu ausschreiben, sondern auf die anderen Bewerber zurückgreifen. Unter ihnen finden sich der Chef des Verfassungsdiensts im Justizministerium, Gerhard Hesse, und Wolfgang Bogensberger, stellvertretender Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Wien und ehemaliger Leiter der Strafrechtssektion im Justizministerium (unter Maria Berger). Da beide unter SP-Ressortchefs Karriere gemacht haben (Hesse unter Gusenbauer und Faymann), dürften sie nicht die besten Chancen haben. Farblich besser würde Christine Stix-Hackl passen, die im Jahr 2000 unter Schwarz-Blau I für sechs Jahre Generalanwältin am EuGH wurde. Beworben haben sich auch Alina Lengauer von der Uni Wien und Bernhard Schima vom juristischen Dienst der EU-Kommission. Auch der nächste Kandidat muss auf Regierungsvorschlag vom Hauptausschuss des Nationalrats nominiert werden, dann das Hearing durchlaufen (der Prüfausschuss tagt erst wieder am 22. September) und schließlich vom EU-Ministerrat abgesegnet werden. SPÖ und Neos fordern ein transparenteres Auswahlverfahren in Österreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2018)

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