Die EU-Minister beraten heute über Mays neue Brexit-Vorschläge. Im Vorfeld gibt es viel Kritik an London. Man bereitet sich auf alles vor.
Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) hat am Freitag in Brüssel betont, dass Österreich den Brexit sehr ernst nimmt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sei deshalb bereits zu Beginn der Präsidentschaft nach Dublin und London gereist. "Ein hard Brexit ist nicht vom Tisch, aber wir versuchen natürlich eine Lösung auf Verhandlungsweg zu erreichen", betonte der EU-Ratspräsident.
"Wichtig ist, dass die Einheit der EU-27 aufrechterhalten wird", sagte der für EU-Angelegenheiten zuständige Minister vor einem Brexit-Ministerrat. Österreich habe den allgemeinen Rat einberufen, um mit Brexit-Chefverhandler Michel Barnier die anstehenden Themen und das "White Paper, das die britische Regierung vorgelegt hat, zu diskutieren", so Blümel.
"Wir sind dafür verantwortlich, dass wir klarmachen, dass es eine gemeinsame Linie der EU-27 gibt", betonte er. Der Europäische Rat habe klare Positionen eingenommen, die Verhandlungsführung liege nun bei Barnier.
Man bereitet sich auf alles vor
Die Skepsis über einen Brexit-Deal wächst jedenfalls unter den 27 EU-Staaten. In EU-Ratskreisen in Brüssel hieß es am Freitag, die Lage in Großbritannien selbst sei völlig konfus. Die Brexit-Gespräche kosteten viel Zeit und Kraft und es würden Ressourcen verschwendet. Die Hoffnung sei, dass alles bald zu Ende sei, jedenfalls bereite man sich auf alles vor.
Konkret wurde in den EU-Ratskreisen eine Verlängerung der bis Oktober selbst gesetzten Frist für eine Einigung auf einen Brexit-Deal zwar nicht ausgeschlossen, doch könnte ein solches Hinausschieben aufgrund des Umsetzungsprozederes in den Staaten sowie einer Zustimmung durch das EU-Parlament kaum länger als zwei Wochen dauern. Dann wäre auch ein Sondergipfel der EU zum Brexit im November möglich.
Keineswegs Erleichterung scheint es auch über das jüngst von der britischen Premierministerin Theresa May vorgelegte Weißbuch über den Brexit zu geben. In EU-Ratskreisen hieß es dazu vielmehr, es dürfe "kein Rosinenpicken" geben. Allerdings sei dies im vorliegen Fall so. Es sei nicht möglich für die Briten, einen Binnenmarkt, der allein auf Waren und landwirtschaftliche Produkte fokussiert sei, zu machen. Auch könne man nicht Kapital, Dienstleistung, Waren und Personen auseinanderdividieren.
Die Autoindustrie sei dafür ein gutes Beispiel. Das Geld werde nicht mehr allein mit dem Produkt verdient, sondern mit der Finanzierung von Automobilteilen, mit Dienstleistung, Forschung und Entwicklung. Ein Brexit-Deal könne daher nicht darin bestehen, dass die Briten auf den Binnenmarkt gehen und sich unfaire Vorteile gegenüber den anderen 27 EU-Staaten verschafften, die zwar klare Regeln für den Automobilbereich habe, aber bei allem, was noch daran anknüpfe, nicht, hieß es.
Jedenfalls wachse unter den 27 Staaten und auch in der EU-Kommission die Erkenntnis, dass man auch auf einen "No Deal" vorbereitet sein müsse.
(APA)