Streit über Rückkehrzentren geht in die nächste Runde

Fatmir Xhavaj und Herbert Kickl.
Fatmir Xhavaj und Herbert Kickl.(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Die Innenminister der EU- und Westbalkanländer diskutierten in Wien über Migration und Terrorismus. Wo die geplanten Asylzentren errichtet werden sollen, bleibt nach wie vor offen: Der albanische Innenminister zeigte sich in Wien äußerst zurückhaltend.

Wien. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) versammelte seine Amtskollegen der EU- und Westbalkanländer am gestrigen Donnerstag zu einer „Sicherheits- und Migrationskonferenz“ im Austria Center Vienna – und machte dabei gleich zu Beginn klar: Die langfristigen Pläne der österreichischen Regierung in der heiklen Flüchtlingsfrage unterscheiden sich von jenen der EU-Kommission gleich in mehreren Punkten. So widersprach Kickl der Aufforderung von Innenkommissar Dimitris Avramopoulos, die EU-internen Grenzkontrollen in naher Zukunft aufzuheben. Diese müssten so lang beibehalten werden, bis es einen funktionierenden Außengrenzschutz „nicht nur auf dem Papier, sondern auch faktisch“ gebe, forderte der Innenminister. Auch über legale Wege der Migration will Kickl vorerst nicht diskutieren. „Darüber können wir reden, wenn wir bei den Bemühungen, die illegale Migration zu bekämpfen, entsprechende Erfolge erzielt haben.“

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte am Vortag bei seiner „Rede zur Lage der Europäischen Union“ mehr Möglichkeiten für Schutzbedürftige gefordert, legal in die EU einzureisen. Dennoch habe er sich „über manches in der Juncker-Rede“ gefreut, ergänzte Kickl. Endlich gebe es auch in Brüssel ein Bekenntnis zum Außengrenzschutz; das Personal der zuständigen Agentur Frontex soll noch bis 2020 aufgestockt werden und neue Kompetenzen erhalten. Der verbesserte Außengrenzschutz bleibt jedoch der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich Kommission und Mitgliedstaaten bisher verständigt hätten. Schon bei der Frage der Rückkehrzentren, in die nach dem Wunsch der Regierung in Wien aufgegriffene Flüchtlinge verbracht und anschließend in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden sollen, herrscht Uneinigkeit. Österreich ist etwa dagegen, dass Migranten dort die Möglichkeit haben sollen, Asyl für die EU zu beantragen.

Das größte Problem bei der Umsetzung aber ist, dass sich bisher kein einziges infrage kommendes nordafrikanisches Land bereit erklärt hat, derartige Zentren auf eigenem Boden zu errichten. Kickl betonte am Donnerstag, dass derzeit auch Gespräche über Asylzentren mit den Westbalkanländern laufen, nannte aber keine Details. Besonders Albanien war immer wieder als möglicher Standort genannt worden. Innenminister Fatmir Xhafaj äußerte sich nach dem Treffen in Wien jedoch ausweichend: Sein Land begrüße jeden möglichen Beitrag der EU, „um uns zu unterstützen, damit wir mit dem Migrationsfluss besser umgehen können“ – dann sei man bereit, „schwierige Probleme gemeinsam anzugehen“.

Abkommen zur Polizeikooperation

Neben der Migrationsfrage stand gestern auch das Thema Terrorismus auf der Agenda der Innenminister. Erfreut zeigte sich Kickl über die Unterzeichnung eines Abkommens zur Ausweitung der polizeilichen Kooperation auf dem Westbalkan. Der sogenannte Prümer Vertrag ist in den Rechtsrahmen der EU integriert und sieht den direkten Zugang der jeweiligen Polizeibehörden etwa auf DNA-, Fingerabdruck- und Autokennzeichenregister der anderen Mitgliedstaaten vor. Die Ausweitung auf die Westbalkan-Staaten – Albanien, Mazedonien, Moldawien, Montenegro, Serbien – sei ein Meilenstein zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Terrorismus, Extremismus und Schlepperei, so Kickl.

Sein deutscher Amtskollege, Horst Seehofer, hatte am Donnerstag eine Erfolgsmeldung ganz anderer Art zu verbuchen: Das seit Monaten verhandelte Abkommen zur Flüchtlingsrücknahme mit Italien steht, hieß es am Vormittag aus Berlin. „Jetzt fehlen nur noch zwei Unterschriften“, so Seehofer. Aus Kreisen des italienischen Innenministeriums verlautete, solange es keine Unterschrift gebe, könnten die Verhandlungen noch nicht als abgeschlossen gelten. Bei der Fortsetzung der Sicherheitskonferenz am heutigen Freitag will Ressortchef Matteo Salvini von der rechten Lega über das Abkommen sprechen. Die deutsche Regierung hat bereits ähnliche Vereinbarungen mit Spanien und Griechenland geschlossen. Sie sehen vor, dass Deutschland binnen 48 Stunden Migranten in diese Länder zurückschicken kann, wenn sie dort zuvor bereits einen Asylantrag gestellt haben. (aga/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2018)

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