Deutsche Justizministerin: "Populismus klappt nicht"

APA/AFP/ODD ANDERSEN
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Populistische Rhetorik wie im Falle der Südtiroler Doppelstaatsbürgerschaften bringe Europa nicht weiter, sagt Katarina Barley in einer Diskussion mit Außenministerin Kneissl. Gleichzeitig räumt sie ein: Populisten seien schwer zu besiegen.

Die deutsche Justizministerin Katarina Barley hat die Friktionen zwischen Wien und Rom in der Frage des Südtiroler Doppelpasses als Beispiel dafür angeführt, dass populistische Politik in der EU "nicht klappt". "Die einen Populisten fanden das toll und die anderen Populisten haben aufgeschrien", sagte sie am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" mit Blick auf den Vorschlag.

"Wenn zwei Staaten auf einem heiklen Gebiet, populistisch (...) kollidieren, ergibt das in dem Moment vielleicht nur einen kleinen Funken, aber das ist nicht gut", warnte die sozialdemokratische Politikerin. Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) warf daraufhin ein, dass die von Türkis-Blau anvisierte Doppelstaatsbürgerschaft für deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler "der Wunsch des Südtiroler Landtags" gewesen sei.

Als zweites Beispiel führte Barley den Konflikt zwischen Deutschland und Österreich um die Flüchtlingszurückweisung an. Auch hier habe es "Populisten von zwei Seiten" gegeben, so Barley in Anspielung auf die österreichische Regierung und ihren eigenen Kabinettskollegen, CSU-Innenminister Horst Seehofer. Während man in Deutschland gesagt habe, "wir schieben dann einfach mal die Flüchtlinge an der Grenze nach Österreich zurück", habe Österreich gesagt, "Moment mal, jetzt habt ihr aber die Rechnung ohne uns gemacht". "Ne, so kommt man nicht zueinander", folgerte die SPD-Ministerin. In der Europäischen Union sei es nötig, sich zusammenzusetzen und gemeinsam eine Lösung zu finden, betonte sie.

Barley räumte ein, dass Populisten wie US-Präsident Donald Trump "schwer zu besiegen" seien, weil sie die "basic instincts" der Menschen ansprächen. Auch in Europa sei es "leicht, die demokratischen Errungenschaften zu kritisieren und lächerlich zu machen". Im Justizbereich bekomme man "schnell einen Punkt", wenn man etwa fordere, dass alle Sexualtäter kastriert werden sollen. Andererseits gebe es aber gerade in der Europafrage heute viele junge Menschen, die auf die Straße gingen und "sagen, wir wollen weiterhin ein geeintes, ein friedliches und soziales Europa haben".

Kneissl: "Was ist Unterschrift noch wert?

Kneissl beklagte die mangelnde Dialogfähigkeit der EU-Staaten. "Das, was sich in den letzten Jahrzehnten leider entwickelt hat, sind Monologe". Ein Sitzungsteilnehmer nach dem anderen würde "präfabrizierte Gesprächsnotizen" vortragen. "So laufen viele Sitzungen in europäischen Gremien ab. Da ist kein Dialog, es ist nicht einmal ein Streit mehr", sagte die Außenministerin. "Es ist ein Dialog der Tauben geworden teilweise. Wir haben verfahrene Positionen."

Auf die Frage, wie man vor dem Hintergrund populistischer Phänomene den Hass aus der Politik wegbekomme, sagte Kneissl: "Mit Anstand, mit Vorsicht im Umgang mit der Sprache. Die Sprache ist unser Werkzeug. Sie muss präzise und mit Substanz gehandhabt werden und das vermisse ich."

Kneissl zeigte sich besorgt, dass in der Politik gewisse Prinzipien "in Verlust geraten", wie etwa jenes der Vertragstreue. "Was ist eine Unterschrift noch wert?", fragte sie mit Blick auf den Ausstieg der USA aus dem Iran-Atomdeal. Zugleich stellte sie die Außenpolitik Trumps in einen größeren Kontext. Die Europapolitik des aktuellen Präsidenten etwa sei "nichts Trump-spezifisches". Auch die frühere US-Außenministerin Condoleezza Rice habe in ihren Aufsätzen nie von der Europäischen Union gesprochen, sondern immer nur von den Europäern, argumentierte Kneissl.

(APA)

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