Kurz gegen Ausschluss der Orban-Partei aus EVP

REUTERS
  • Drucken

"Ich glaube nicht, dass es sinnvoll wäre, in Europa eine zusätzliche neue Partei der moralisch nicht ebenbürtigen und eigentlich ungewollten Osteuropäer zu bilden", sagte Kurz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat davor gewarnt, die Partei Fidesz des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban aus der Europäischen Volkspartei (EVP) auszuschließen. "Ich glaube nicht, dass es sinnvoll wäre, in Europa eine zusätzliche neue Partei der moralisch nicht ebenbürtigen und eigentlich ungewollten Osteuropäer zu bilden", sagte Kurz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Die Mitglieder einer Parteifamilie können informell aufeinander einwirken. Vor wenigen Tagen hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gesagt, Orban habe keinen Platz mehr in der EVP. Er sehe viele Unvereinbarkeiten zwischen dessen Worten und den christlich-demokratischen Werten, auf denen die EVP-Familie gegründet sei.

Österreich hat noch bis Ende des Jahres die EU-Rastpräsidentschaft inne. Der Zeitung sagte Kurz, am Dienstag werde der Allgemeine Rat der EU, der den EU-Gipfel am Mittwoch vorbereitet, sich mit der Frage eines Rechtsstaatsverfahrens gegen Ungarn befassen. Sollten in dem Verfahren Verstöße Ungarns gegen die Rechtsstaatlichkeit festgestellt werden, müsse Budapest Konsequenzen ziehen. Der Beschluss des Europaparlaments zu dem Verfahren sei aber kein Urteil oder Beweis gegen Ungarn, sondern die Möglichkeit, im Vorwürfe aufzuklären, sagte Kurz.

Kritik an Seenotretter/Schlepper-Vergleich

Kurz hatte in dem Interview beklagt, "dass ein paar Nichtregierungsorganisationen das klare Ziel der 28 Staats- und Regierungschefs in Europa konterkarieren. Und das nicht nur mit dem Ziel, Leben zu retten, sondern gemeinsam mit den Schleppern Menschen nach Mitteleuropa zu bringen." Der ÖVP-Chef nannte konkret das Schiff "Aquarius 2", das von "Ärzte ohne Grenzen" und "SOS Mediterranee" betrieben wird.

Bereits am Sonntag hatten sich "Ärzte ohne Grenzen" heftig dagegen verwahrt und von "Unterstellungen" gesprochen, "die in keinster Weise auf Fakten beruhen und die Realität am Mittelmeer nicht korrekt wiedergeben".

Am Sonntag reagierte Michael Chalupka, langjähriger Leiter der Diakonie Österreich, auf Twitter: "Ja es ist leicht anderen die Schuld zu geben, um vom eigenen Versagen abzulenken, da hat Ärzte ohne Grenzen recht. Es ist aber auch infam, damit billige populistische Punkte sammeln zu wollen."

Von Seiten der SPÖ rügten Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser und der burgenländische Landesrat und frühere Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil den Kanzler: "Ärzte retten Leben, es ist ihr Beruf, sie haben einen Eid darauf geleistet, überall auf der Welt. Schlepper sind Kriminelle, die Flüchtlinge illegal in ein Land bringen", meinten sie in einer Aussendung. "Diese Gleichsetzung ist falsch und unangebracht." "Kopfschüttelnd" reagierte Niki Scherak, stellvertretender NEOS-Klubobmann, auf das Kurz-Interview: "Einmal mehr zeigt der Kanzler seine zwei Gesichter", meinte er in einer Aussendung

(APA/DPA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Diakonie-Direktorin Katharina Moser
Innenpolitik

Diakonie: Kurz operiert "mit Mythen und Unterstellungen"

Der Kanzler hatte beklagt, dass einige NGOs "gemeinsam mit den Schleppern Menschen nach Mitteleuropa bringen" würden. Nicht nur von der Polit-Konkurrenz gibt es Kritik an diesen Äußerungen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.