"Ich hoffe, ich bin der Anti-Trump"

Alexander Stubb will 2019 EU-Kommissionspräsident werden
Alexander Stubb will 2019 EU-Kommissionspräsident werdenimago/ZUMA Press
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Alexander Stubb, früherer Ministerpräsident Finnlands, will 2019 Präsident der Europäischen Kommission werden. Von Trump hält er wenig, würde sich mit ihm aber beim Golf verständigen. An Sebastian Kurz hingegen schätzt er Kommunikationsstil und Handlungsorientierung.

Laut einer neuen Umfrage der Organisation Friends of Europe finden 64 Prozent der Europäer, dass ihr Leben außerhalb der EU nicht schlechter wäre, als es das jetzt ist. Welchen Sinn hat es, eine Organisation am Leben zu erhalten, die so wenig Rückhalt bei den Bürgern zu haben scheint?

Alexander Stubb:
Ich bin bei dieser Art von Umfragen immer vorsichtig. Es kommt stets auf die Art der Fragestellung an. Wenn man die Frage stellt: "Ist die EU gut oder schlecht?", erhält man stets eine überwältigende Mehrheit. Ich denke aber sehr wohl, dass es berechtigte Fragen über das europäische Projekt gibt. Die EU existiert aus vier Gründen: Frieden, Wohlstand, Stabilität, Sicherheit. Frieden haben wir erreicht. Beim Wohlstand schlagen wir uns recht gut. Wir sind der reichste Kontinent der Welt. Aber unsere Begriffe von Stabilität und Sicherheit sind im vergangenen Jahrzehnt bis auf den Grund erschüttert worden. Die Eurokrise hat uns das Gefühl gegeben, dass unsere Währung nicht unter Kontrolle ist. Die Migrationskrise von 2015 wiederum gab uns das Gefühl, dass die Sicherheit nicht gewährleistet ist. Meine Botschaft ist: wir müssen den Menschen zuhören, die dazu neigen, Populisten zu wählen, und dann die Probleme begradigen. Einfache Lösungen gibt es aber nicht.

Wurde die Rettung des Bankensystems 2008/2009 vermasselt? Es gab in Europa keine Strafurteile gegen Banker, kaum ein Institut wurde geschlossen, die Steuerzahler mussten alles bezahlen, und sobald es wieder Gewinne gab, gingen die an die Aktionäre. Hat das die autoritäre Populistenwelle losgelöst? Donald Trumps Wahlkampfleiter Steve Bannon sagt stets, der Verlust der Ersparnisse seines Vaters 2008 habe ihn radikalisiert. Der belgische Anwalt Mischaël Modrikamen, mit dem er nun in der EU aktiv werden will, vertrat damals geprellte Aktionäre der Bank Fortis.

Ihre Analyse ist richtig. Das kapitalistische System brach damals teilweise zusammen. Es dauerte zu lange, das zu reparieren. Ist Bestrafung die richtige Lösung? Ich weiß es nicht. Ich bin jetzt einzig daran interessiert, dass so etwas nicht mehr passiert. Die Gesetze, die wir damals erließen, mit der Bankenunion und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus, sind Schritte in die richtige Richtung. Auch die Bankenregulierung ist viel strenger als zuvor. Es verlief wie immer: auf die Krise folgt Chaos und dann eine suboptimale Lösung. Ich hoffe, dass diese suboptimale Lösung ausreicht. Zudem haben viele Menschen das Gefühl, dass das Wirtschaftswachstum seither nicht gerecht verteilt wurde. Ein Klassiker: die EU ist gut darin, einen großen Kuchen zu backen, aber schlecht, ihn entsprechend zu verteilen.

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