Spanien bleibt im Gibraltar-Streit hart

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Spanien droht wegen des ungeklärten Status der Insel unter britischer Verwaltung mit einer Blockade der Brexit-Verträge. Der Streit überschattet den Brexit-Sondergipfel am Sonntag.

Trotz neuer Absprachen Spaniens mit Gibraltar gibt es weiter keinen Durchbruch in dem Streit um die britische Kronkolonie an der Südspitze der Iberischen Halbinsel. Die mit Gibraltar erzielten Einigungen hätten mit dem Vertragspaket über den britischen EU-Austritt und den Einwänden der spanischen Regierung gegen dieses Abkommen nichts zu tun, teilte das Außenministerium am Freitag in Madrid mit.

Das spanische Ministerium reagierte mit der Stellungnahme auf die Veröffentlichung von Aussagen von Gibraltars Regierungschef Fabian Picardo, man habe mit Spanien eine Einigung erzielt. Die von Medien unpräzise wiedergegebenen Äußerungen hatten die Hoffnung geweckt, Madrid habe seine Bedenken aufgegeben und werde beim Brexit-Sondergipfel am Sonntag dem vorliegenden Entwurf zustimmen. Die sozialistische Regierung von Ministerpräsident Pedro Sanchez widersprach dieser Interpretation jedoch.

Diese Woche sei bei einem Besuch von Picardo in Madrid vielmehr eine Einigung für ein bilaterales Steuerabkommen und vier Memoranden erzielt worden, die in der Brexit-Übergangsphase einen "geordneteren Austritt" Gibraltars aus der EU ermöglichen sollten, zitierte die Nachrichtenagentur Europa Press einen Sprecher. Spanien halte seine Vorbehalte gegen den Austrittsvertrag aufrecht, bestätigte ein Ministeriumssprecher der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage.

May will britische Herrschaft "schützen"

Auch Diplomaten in Brüssel zufolge haben die Unterhändler der EU-Staaten bei einem Brexit-Treffen am Freitag im Streit um Gibraltar keine Einigung erzielt. Spanien droht wegen des Punktes mit einer Blockade der Brexit-Verträge. Diese sollen am Sonntag auf einem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschef unterschrieben werden.

Spanien hatte Änderungen am Vertragsentwurf verlangt, weil es Festlegungen über den künftigen Status von Gibraltar fürchtet. Das Gebiet am Südzipfel der Iberischen Halbinsel steht seit 1713 unter britischer Souveränität, wird aber von Spanien beansprucht.

Spanien kann den Austrittsvertrag alleine nicht blockieren. Rechtlich kann das Dokument mit "superqualifizierter Mehrheit" der EU-Staaten - 72 Prozent - beschlossen werden. Spanien hat aber de facto ein Vetorecht in Hinblick auf jede künftige Vereinbarung zu Gibraltar und will diese lieber selbst mit Großbritannien als über die EU verhandeln. Obwohl der juristische Dienst des EU-Rates Spanien versicherte, dass der Entwurf bilaterale Verhandlungen nicht ausschließt, fordert Madrid weitere Klarstellungen.

Die britische Premierministerin Theresa May bekräftigte am Donnerstag, die britische Herrschaft über Gibraltar werde "geschützt". Picardo beschuldigte Spanien, das Territorium mit einer "Peitsche" an den Verhandlungstisch zwingen zu wollen. Die deutsche Regierung rechnet trotz des Streits nicht mit einem spanischen Veto. "Wir gehen davon aus, dass bis Sonntag noch offene Fragen geklärt sind", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin.

(APA/dpa/AFP)

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