Spanien droht den Brexit-Gipfel zu kippen

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Regierungschef Pedro Sánchez legt im Streit um die Gibraltar-Frage nach. Damit könnte der Brexit-Sondergipfel am Sonntag, bei dem der Deal abgeschlossen werden soll, scheitern.

Die spanische Regierung droht im Streit über die Zukunft von Gibraltar mit einer Blockade der mühsam ausgehandelten Brexit-Einigung. Wenn es keine Änderungen am Vertrag über den Austritt Großbritanniens aus der EU gebe, werde er sein Veto einlegen, erklärte Regierungschef Pedro Sanchez. Ein Treffen von EU-Unterhändlern in Brüssel zu dem Thema endete am Freitag ohne Durchbruch.

Die britische Premierministerin Theresa May will in der Frage laut einer Sprecherin mit Sanchez zusammenarbeiten. Damit wird die Zeit knapp vor dem Gipfel am Sonntag, auf dem die EU-Staats- und Regierungschefs grünes Licht geben wollen für das Brexit-Vertragswerk. Ohne eine Lösung im Gibraltar-Streit werde das Treffen wohl abgesagt, sagte Sanchez am Freitag in der kubanischen Hauptstadt Havanna.

"Meine Regierung wird immer die Interessen Spaniens verteidigen", betonte Sanchez mit Blick auf Gibraltar. Die kleine Halbinsel im Süden Spaniens ist seit Jahrhunderten britisches Überseegebiet. Wegen der strategischen Lage an der für den Seehandel wichtigen Straße von Gibraltar gibt es schon seit langem Streit zwischen den Regierungen in Madrid und London. Sanchez fordert, dass nach dem Brexit Verhandlungen mit Großbritannien über die Zukunft von Gibraltar von Spanien und nicht von der EU geführt werden. In der spanischen Region Andalusien steht bald eine Wahl an, weshalb EU-Diplomaten hinter Sanchez' harter Haltung innenpolitische Motive vermuten.

Nur zwei Stunden für Gipfel angesetzt

Diplomaten fürchten, dass Sanchez seine Forderung auf dem Gipfel zum Thema machen will. Verhandelt werden soll auf dem nur für zwei Stunden angesetzten Treffen nicht mehr. Darauf besteht unter anderem die deutsche Seite. Deshalb sind die Bemühungen für einen Kompromiss davor umso größer. "Die Arbeit geht weiter", sagte ein EU-Diplomat. Eventuell wird am Samstag weiter verhandelt. Eine Idee sei, die Position in eine extra Erklärung zu gießen, damit die Brexit-Hauptverträge ungetastet bleiben können.

Bis Freitagabend blieb die Madrider Regierung aber bei ihrer harten Haltung. "Wir haben nicht genug Garantien zu Gibraltar und der künftigen Beziehung zur EU, (weshalb) das Veto gegen den Brexit-Deal und die politische Erklärung aufrecht bleibt", hieß es in spanischen Regierungskreisen.

Angesichts dessen liefen die diplomatischen Drähte heiß. Es werde mit Hochdruck nach Lösungen gesucht, sagten Diplomaten in Brüssel. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker war nach Angaben eines Sprechers in ständigem Kontakt mit Sanchez.

Presse Grafik

Nordirische DUP droht, May fallen zu lassen

Die beiden Brexit-Abkommen wurden in den vergangenen Wochen und Monaten mühsam zwischen Brüssel und London ausgehandelt. Sie bestehen aus einer Erklärung für die Zukunft zwischen der EU und dem Königreich nach dem Ausscheiden Ende März nächsten Jahres und einem 585 Seiten dicken Ausstiegsvertrag. Dieser legt die Regeln für das Ende der 45-jährigen Mitgliedschaft der Briten juristisch verbindlich fest. Beide Abkommen liegen derzeit erst als Entwürfe vor und müssen noch von den EU-Spitzenpolitikern unterschrieben werden. Danach steht noch die Zustimmung des britischen und des EU-Parlaments aus.

Doch selbst bei einem Ja des britischen Parlaments droht May weiter Ungemach: Die nordirische DUP, die Mays Minderheitsregierung stützt und den Brexit-Vertrag kritisch sieht, droht mit einer Abkehr von der Premierministerin. "Wenn sie im Parlament Erfolg hat, ..., dann werden wir auf jeden Fall unser Vertrauensabkommen überprüfen", sagte DUP-Chefin Arlene Foster dem irischen Sender UTV.

(APA/Reuters/AFP/dpa)

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