„So also behandeln uns die Österreicher?“

Die Migrationspolitik zählte zu den selbst gewählten Schwerpunkten der österreichischen EU-Präsidentschaft. Nun wird der Bundesregierung vorgeworfen, dass sie an Fortschritten nicht ernsthaft interessiert gewesen sei.
Die Migrationspolitik zählte zu den selbst gewählten Schwerpunkten der österreichischen EU-Präsidentschaft. Nun wird der Bundesregierung vorgeworfen, dass sie an Fortschritten nicht ernsthaft interessiert gewesen sei. Reuters (Jon Nazca)
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Diplomaten mehrerer EU-Staaten erzählen der „Presse“, wie Vertreter des österreichischen Ratsvorsitzes hinter den Kulissen die Asylreform sabotierten. Sie berichten von rüde geführten Sitzungen und Differenzen mit Berlin und Paris.

Brüssel. Die Aussagen eines halben Dutzends Diplomaten aus mehreren Mitgliedstaaten werfen kein gutes Licht auf die österreichische EU-Vorsitzführung im politisch heiklen Feld Asyl, Migration und Grenzschutz. Gegenüber der „Presse“ bestätigen sie, was in Brüssel schon zu Antritt der türkis-blauen Koalition befürchtet wurde: Österreichs Bundesregierung habe gezielt jeglichen Fortschritt bei der Reform des europäischen Asylwesens verhindert, allen voran der Dublin-Verordnung, die regelt, welcher Mitgliedstaat für einen Asylbewerber zuständig ist. Sie führe den Schutz der EU-Außengrenzen zwar ständig im Mund, sei aber konkrete Taten schuldig geblieben, wird resümiert. Sie habe auf PR-Aktionen gesetzt, wo die Arbeit an mühseligen Kompromissen nötig gewesen wäre. Und sie sei heute, nach nur einem Jahr Amtszeit, in diesem Politikfeld klar in der Gruppe der vier Visegrád-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei isoliert, ohne echte Verbündete im Westen, Norden oder Süden Europas. EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos äußerte sich beim Thema Zuwanderung enttäuscht. „Ich habe mir deutlich mehr von Österreich erwartet.“

Eine berüchtigte Sitzung

„Wenn Sie wissen wollen, wie der Ratsvorsitz in Sachen Asyl und Migration agiert, dann lassen Sie sich erzählen, wie die SCIFA-Sitzung vom 22. November lief“, sagte einer der befragten Diplomaten. SCIFA: Das ist das englische Akronym für jenen Ausschuss hoher Innenministeriumsbeamter, die sich mit Einwanderungs-, Grenz- und Asylfragen befassen. „Das war eine wirklich berüchtigte Sitzung“, so eine Diplomatin eines anderen Staates, die daran teilgenommen hatte. „Die ging total daneben. Am Ende standen die vier Visegrád-Staaten plus Österreich gegen den Rest.“ Aus dem Innenministerium heißt es, die Debatte sei „lebhaft“ gewesen, da einige zur Zwangsverteilung zurückwollten – „aber ohne Streit“.

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