Unmut über „goldene Visa“

Die Kommission ist über die entgeltliche Verleihung von Visa und Reisepässen besorgt.
Die Kommission ist über die entgeltliche Verleihung von Visa und Reisepässen besorgt.APA/AFP/MATTHIEU CLAVEL
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Die Kommission ist über die entgeltliche Verleihung von Visa und Reisepässen besorgt, hat aber kaum rechtliche Handhabe.

Brüssel. 20 Mitgliedstaaten der EU ermöglichen es reichen Ausländern auf die eine oder andere Weise, im Gegenzug für eine Investition eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Zypern und Malta gehen darüber hinaus noch weiter und verleihen solchen Investoren sogar die Staatsbürgerschaft (Bulgarien hat am Dienstag angekündigt, ein gleichartiges Programm zu beenden). Diese „goldenen Visa“ und „goldenen Pässe“ stellen nach Einschätzung der Europäischen Kommission zahlreiche Risken für die Union dar, von der Geldwäsche über die Steuerhinterziehung bis hin zur Umgehung von Grenzkontrollen.

Doch bei der Vorstellung ihrer ersten systematischen Untersuchung der diversen Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsregelungen für Investoren musste sich die Kommission die Grenzen ihrer eigenen rechtlichen Sanktionsmöglichkeiten eingestehen. Denn nicht nur ist es ihr praktisch unmöglich, Missbräuche solcher Programme in einem Mitgliedstaat, welche (vor allem im Schengenraum) auch Auswirkungen auf alle anderen haben, zu ahnden. Sie hat nicht einmal verlässliches Zahlenmaterial zur Hand, um die Größe dieses Phänomens zu ermessen, das im vergangenen Jahrzehnt als Folge der Finanzkrise vor allem von den Mittelmeerstaaten als Geldquelle entdeckt wurde. „Die Gesamtzahl ist unbekannt wegen des Mangels an Transparenz. Wir brauchen dringend verlässliche Statistiken“, sagte Dimitris Avramopoulos, der für Migration, Inneres und Bürgerschaft zuständige Kommissar.

Die Verleihung von Staatsbürgerschaften ist reine nationalstaatliche Kompetenz. Einzig indirekt könnte die Kommission aktiv werden, im Wege der fünften Anti-Geldwäsche-Richtlinie, die im Juli 2018 in Kraft trat und bis 10. Jänner 2020 von den Mitgliedstaaten umzusetzen ist. Sie schreibt vor, dass Antragsteller solcher Investorenprogramme besonders genau kontrolliert werden. Eine Gruppe von Experten der Regierungen soll nun ein einheitliches Schema für Risikoanalysen und Kontrollen erarbeiten. Österreich, das bekanntlich bisweilen auch reichen Investoren Staatsbürgerschaften verleiht, wurde im Bericht nicht erwähnt, weil es laut Kommission kein Problem darstellt. (go)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2019)

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