EU-Kommission sieht sich Seite an Seite mit Macron

Emmanuel Macron bekam für seinen Brief "an Europa" viel Beachtung.
Emmanuel Macron bekam für seinen Brief "an Europa" viel Beachtung.APA/AFP/NICOLAS TUCAT
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Der Brief des französischen Präsidenten stößt auf Zustimmung. Die Kommission betont, vieles werde ohnehin schon umgesetzt.  Ratspräsident Tusk warnt vor Manipulationsversuchen bei der EU-Wahl.

Ein Brief an die Bürger und Bürgerinnen Europas, vom französischen Präsidenten, abgedruckt in vielen europäischen Tageszeitungen - auch in der "Presse". Die Forderungen für einen "Neubeginn in Europa" von Emmanuel Macron, den Sie in voller Länge nachlesen können, lösten großteils Zustimmung in der europäischen Spitzenpolitik aus. Ein "Neubeginn in Europa" müsse auf den drei Säulen "Freiheit, Schutz und Fortschritt" beruhen, schrieb er in dem Text.

EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte am Dienstag, angesichts von Versuchen der Beeinflussung von Wahlen durch "antieuropäische Kräfte" in- und außerhalb der EU unterstütze er Macrons Äußerungen zu demokratischen Freiheiten "vollkommen". Er nannte das Brexit-Referendum als Beispiel für eine solche Manipulation. "Es kann im Mai bei der Europawahl erneut passieren." Tusk lobte die Aufforderung Macrons, sich gegen solche Einflussnahmen zu wehren.

Kommission und Macron führen "derselbe Kampf"

Ein Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach von einem "wichtigen Beitrag zur europäischen Debatte" - nicht ohne auf eigene Leistungen hinzuweisen, die Macrons Forderungen schon in der Umsetzungsphase seien. So stammten die Pläne zur Stärkung der EU-Grenzschutzbehörde Frontex und zur Schaffung einer europäischen Asylbehörde von der Kommission. "Bereits beschlossen" und mit Mitteln versehen sei auch ein europäischer Rat für Innovation. Auch einen Verteidigungsfonds habe Brüssel eingeführt.

Dasselbe gelte für Maßnahmen, um Wahlen gegen ausländische Einflussnahme zu schützen, sagte der Juncker-Sprecher. Er verwies auch auf einen sozialen Sockel Europas und die Überarbeitung der Entsenderichtlinie. "All dies wurde auch unter der Juncker-Kommission gemacht." Auch die Klimapolitik dürfe nicht vergessen werden, sagte der Sprecher. Damit gelte für Macrons Vorschläge zum Neubeginn Europas: "Frankreich und die Kommission: derselbe Kampf."

Lob von den Neos

In Österreich äußerten die Neos Unterstützung für den "progressiven" Ansatz Macrons. Seine Vision von Europa sei "genau das, was die Europäische Union jetzt braucht. Wir dürfen uns nicht länger im Klein-Klein verlieren. Es braucht jetzt große Sprünge der Weiterentwicklung, um Europa handlungsfähig, entscheidungsfähig, überlebensfähig und verteidigungsfähig zu machen", erklärte Claudia Gamon, Neos-Spitzenkandidatin für die Europawahl, am Dienstag in einer Aussendung.

Die deutsche Regierung reagierte ebenfalls positiv auf den pro-europäischen Aufruf von Macron. "Es ist wichtig, dass die proeuropäischen Kräfte vor der Europawahl ihre Konzeptionen vorstellen", sagte ein Regierungssprecher in Berlin am Dienstag auf Anfrage. "Die Bundesregierung unterstützt die engagierte Diskussion über die Ausrichtung der Europäischen Union", hieß es. Auf inhaltliche Details wollte er aber nicht eingehen.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte am Dienstag, Macron setze "ein entschlossenes Signal für den Zusammenhalt in Europa." Der französische Präsident habe recht, "nicht Skepsis, sondern Zuversicht sollte unser Handeln bestimmen."

AfD warnt vor mehr Bürokratie

Der deutsche Grünen-Spitzenkandidat für die Europawahl, Sven Giegold, lobte ebenfalls, im Gegensatz zu Bundeskanzlerin Angela Merkel mache Macron konkrete Vorschläge. Eine europäische Reformdebatte sei nötig und die Bundesregierung müsse sich daran aktiv beteiligen.

FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff urteilte, Macrons Gastbeitrag enthalte "viel Richtiges". Die deutsche Bundesregierung müsse "endlich auf Macrons Vorschläge für ein souveränes und handlungsfähiges Europa reagieren".

Dagegen warnte der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland, eine Umsetzung von Macrons Vorschlägen werde "zu noch mehr Vorschriften und Bürokratie führen und die Souveränität der Mitgliedsstaaten weiter einschränken". Nicht Nationalisten gefährdeten Europa, sondern "der ausufernde Kontroll- und Bürokratiewahn der EU", erklärte Gauland.

(APA/Reuters)

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