Brexit: Für Theresa May ist das Spiel wieder offen

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Mit den Nachverhandlungen in Straßburg hat sich die britische Premierministerin Theresa May wieder eine Tür geöffnet. Die skeptische Haltung des britischen Generalanwalts Cox zum Deal schmälert ihre Chancen im Parlament jedoch.

Premierministerin Theresa May ließ keinen Zweifel aufkommen: Nach ihren Verhandlungen mit der EU-Spitze Montagnacht ist nun der Ball bei den Abgeordneten des britischen Unterhauses: „Das ist es, was das Parlament gefordert hat, und das ist es, was wir erreicht haben“, sagte sie wiederholt bei der Vorstellung der zusätzlichen Vereinbarungen rund um die Nordirland-Auffanglösung. Der sogenannte Backstop soll die Wiedereinführung einer harten Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland verhindern. 

Wenn das Unterhaus heute zu der um 19.00 Uhr Ortszeit angesetzten Abstimmung schreitet, hat Mays Deal damit zumindest wieder eine realistische Chance.

Was May nicht erreicht hat, war ein völlige Entfernung des Backstop. Einiges ist ihr aber gelungen. Eine Entscheidung über das Inkrafttreten des Backstop trifft ein unabhängiges Schiedsgericht. Die Interpretationsbriefe der EU bekommen Rechtskraft. Und bis Ende der Übergangsfrist im Dezember 2020 sollen „alternative Arrangements“ zu einer harten Grenze in Irland gesucht werden.

Drei Faktoren werden heute entscheidend sein

In ersten Reaktionen vermieden selbst Hardliner wie Jacob Rees-Mogg eine sofortige Ablehnung. „Wir müssen das erst genau prüfen“, sagte er. Da sich die oppositionelle Labour Party aber bereits auf ein neuerliches Nein festlegte, muss May die nordirische Democratic Unionist Party (DUP) und die Hardliner in ihrer eigenen Fraktion gewinnen.

Daher sind heute im Tagesverlauf zwei Schritte entscheidend: Erstens das Urteil über die neue Vereinbarung von Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox. Seine Einschätzung, die als wegweisend für die Abgeordneten gilt, fiel am Dienstag skeptisch aus. Das Königreich hätte im Falle von "unüberwindlichen Meinungsverschiedenheiten" weiter keine rechtliche Handhabe, um aus der Auffang-Regelung zur irischen Grenze auszusteigen, erklärte er. Allerdings sei das Risiko gesunken, dass Großbritannien unbefristet und unfreiwillig im Backstop gehalten werden könne.

Zweitens das Abstimmungsverhalten der DUP, die mit ihren zehn Abgeordneten im Unterhaus die konservative Minderheitsregierung von Theresa May stützt. Ihre Haltung war zunächst unklar: Sie diskutierte am Dienstag zunächst über eine Verschiebung des Votums. Die "Financial Times" berichtete jedoch später unter Berufung auf DUP-Kreise, die Partei sehe sich außerstande, das Abkommen zu unterstützen.

Drittens sind die Stimmen der konservativen Brexit-Ultras um Rees-Mogg entscheidend. Nach einem Treffen mit den Abgeordneten bezeichnete May das Ergebnis zumindest als "ausreichend", um das Votum gewinnen zu können.

Game on für Theresa May

Dass May schon heute Abend ihre historische Niederlage von 15. Jänner, als ihr Deal mit 230 Stimmen scheiterte, umdrehen kann, gilt damit weiterhin als äußerst ungewiss. Aber mit den Änderungen in letzter Sekunde hat sie zumindest eines erreicht: Das Spiel ist wieder offen. Wie der Engländer sagt: Game on.

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