EU gestattet May Brexit-Aufschub bis 31. Oktober

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Die EU-Staaten und Großbritannien einigen sich auf eine flexible Verschiebung des Brexit bis Oktober. „Bitte verschwendet die Zeit nicht“, warnt EU-Ratspräsident Tusk.

Großbritannien rettet sich kurz vor dem harten Crash aus der EU in eine Verlängerung von knapp einem halben Jahr. Die Staats- und Regierungschefs räumten dem Vereinigten Königreich auf einem Sondergipfel in Brüssel einen Aufschub des Brexits ein, dieses Mal bis zum 31. Oktober. Zum zweiten Mal: Ursprünglich sollte Großbritannien nach mehr als 45 Jahren Mitgliedschaft am 29. März aussteigen. Der Termin wurde auf einem Gipfel vor drei Woche auf Freitag verlegt.

"Bitte verschwendet die Zeit nicht", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am frühen Donnerstagmorgen. Das Land könne aber früher austreten, wenn der umstrittene Brexit-Vertrag das Parlament passiere. Premierministerin Theresa May kündigte eine Erklärung im Unterhaus im Laufe des Tages an.

Macron stoppte längere Verschiebung

Ein längerer Aufschub wurde vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron gestoppt. Dieser hatte in der stundenlangen Debatte mit den Spitzen der anderen EU-Länder seinen Widerstand mit den Gefahren für die EU-Institutionen und die Europa-Wahl durch eine weitreichende Nachspielzeit für die Briten begründet. Andere Politiker hatten sich für eine Verzögerung von neun Monaten bis zu einem Jahr eingesetzt.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bezeichnete die Gipfeleinigung als Kompromiss. Er betonte, durch die Fristverlängerung bis Ende Oktober sei ein ungeordneter Austritt, der "wahrscheinlich enorme negative Auswirkungen für uns alle und vor allem für die Wirtschaft bedeutet hätte", verhindert worden. Die Kehrseite sei, dass Großbritannien nun "aller Voraussicht nach" an der EU-Wahl von 22. bis 26. Mai teilnehmen werde.

Dieser Schritt könnte für manche merkwürdig sein, sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Allerdings: "Die Regeln sind die Regeln." May erklärte dagegen, wenn die Brexit-Vereinbarung vor dem 22. Mai ratifiziert werde, müsse das Königreich nicht mehr an der Abstimmung teilnehmen. Großbritannien müsse die EU so schnell wie möglich mit einem Abkommen verlassen, sagte sie. Sie wolle nicht so tun, als ob die kommenden Wochen einfach werden würden.

May will Kompromiss mit Labour um Hängepartie zu verhindern

Tusk erklärte, die Verlängerung sei so flexibel wie er erwartet habe, wenn auch ein wenig kürzer. Die Zeit sollte aber ausreichen, um die beste Lösung zu erreichen. Im Juni solle es eine Überprüfung der Fortschritte im Ratifizierungsprozess geben. Der 31. Oktober ist mit Bedacht gewählt, da Amtszeiten von Tusk und der derzeitigen Juncker-Kommission enden.

Hintergrund der Hängepartie ist das von May mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen, das eine reibungslose Trennung für Wirtschaft und Bürger ermöglichen soll. Allerdings ließ das britische Parlament das Abkommen im Januar und März insgesamt dreimal scheitern. Stein des Anstoßes war für Teile von Mays konservativer Tory-Partei eine Notfalllösung für die irische Grenze.

Daher lotet May nun erstmals mit der oppositionellen Labour-Partei aus, inwieweit ein Kompromiss möglich wäre. Dafür benötigt sie mehr zeitlichen Spielraum. Der Prozess sei für die größten Parteien des Königreichs ein "historischer Schritt" und Neuland, sagte ein EU-Diplomat. Es werde aber nicht sehr schnell gehen. "Wenn die mehr Zeit brauchen, dann sollen sie sie haben."

(APA/Reuters/Peter Mauthagen)

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