Neue Kommissionspräsidentin: Klare Mehrheit für von der Leyen außer Reichweite

374 EU-Abgeordnete muss Ursula von der Leyen am kommenden Dienstag im Europaparlament von sich überzeugen, um Präsidentin der Europäischen Kommission zu werden.
374 EU-Abgeordnete muss Ursula von der Leyen am kommenden Dienstag im Europaparlament von sich überzeugen, um Präsidentin der Europäischen Kommission zu werden. REUTERS
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Der designierten Juncker-Nachfolgerin droht ein Pyrrhussieg.

Brüssel. 374 EU-Abgeordnete muss Ursula von der Leyen am kommenden Dienstag im Europaparlament von sich überzeugen, um Präsidentin der Europäischen Kommission zu werden. Diese einfache Mehrheit dürfte sie so gut wie sicher haben. Doch jene überwältigende proeuropäische Mehrheit aus christlichsozialen, sozialdemokratischen, liberalen und grünen Stimmen, welche nach Ansicht zahlreicher europäischer Diplomaten erforderlich wäre, um die Handlungsfähigkeit der neuen Kommission in innen- und außenpolitisch schwierigen Zeiten zu untermauern, ist für die 60-jährige deutsche Verteidigungsministerin unerreichbar.

Nach derzeitigem Stand der Dinge ist es sogar wahrscheinlich, dass von der Leyen nicht einmal jene 422 Ja-Stimmen erhalten wird, mit denen Jean-Claude Juncker vor fünf Jahren zum Vorsitzenden der Kommission gewählt wurde. Denn fünf Tage vor der Debatte und der Abstimmung in Straßburg hat sie nur die Unterstützung ihrer eigenen Fraktion, der Europäischen Volkspartei (EVP), und deren 182 Mandataren sicher.

S&D stellt harte Bedingungen

Es fehlen also noch 192 Stimmen. In erster Linie sollten sie für eine stabile Mehrheit von den Sozialdemokraten (154 Abgeordnete) und den Liberalen (108 Abgeordnete) kommen. Doch nachdem die 74-köpfige Grünenfraktion bereits erklärt hat, von der Leyen nicht zu unterstützen, haben Sozialdemokraten (S&D) und Liberale schriftliche Zusagen gefordert. So fordert S&D unter anderem ein EU-Klimaschutzgesetz, mit dem die Klimaneutralität der EU bis zum Jahr 2050 festgeschrieben werden soll, einen Mindestsatz für die Körperschaftsteuer von 18 Prozent und ein eigenes Budget für die Eurozone. All diese Forderungen wären wiederum für die Europäischen Konservativen und Reformer (hier ist die polnische Regierungspartei PiS dabei) sowie die Rechts-außen-Fraktion „Identität und Demokratie“ (mit FPÖ, Lega, AfD, Le-Pen-Partei) inakzeptabel. „Wenn sie diesen Verpflichtungen zustimmt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Rechtsextremen für sie stimmen“, sagte ein Sprecher der S&D.

Der Umstand, dass die nötige Mehrheit so fragil ist, zeigt jedenfalls die Gefahr, dass von der Leyen ihr Amt mit einem Pyrrhussieg beginnen könnte. (GO)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2019)

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