EU nominiert Georgiewa als IWF-Chefin – aber es gibt noch eine Hürde

Kristalina Georgiewa
Kristalina GeorgiewaReuters
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Die 65-jährige Bulgarin Kristalina Georgiewa soll neue Chefin des Internationalen Währungsfonds werden. Aufgrund ihres Alters muss nun allerdings eine Ausnahmeregelung geschaffen werden.

Die Bulgarin Kristalina Georgiewa (65) soll nach dem Willen der Europäer neue Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden. Die EU-Staaten verständigten sich nach langen Debatten auf ihre Kandidatur, wie der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire am späten Freitagabend in Paris mitteilte. Großbritannien habe nicht an der Abstimmung teilgenommen.

Bei dem Votum schnitt Georgiewa laut Kreisen deutlich besser ab als ihr verbliebener Gegenkandidat, der frühere Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem (53) aus den Niederlanden. Der finnische Zentralbankchef Olli Rehn war zuvor ausgeschieden. Auch die beiden südeuropäischen Bewerber stiegen aus: der portugiesische Eurogruppenchef Mario Centeno und die spanische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño. Georgiewa teilte über den Kurznachrichtendienst mit, sie sei geehrt über die Benennung und habe bei der Weltbank eine Beurlaubung beantragt.

Es gibt aber eine Hürde für die frühere EU-Kommissarin: Sie wird am 13. August 66 Jahre alt. Nach der Satzung des Währungsfonds darf der Direktor oder die Direktorin zum Zeitpunkt der Ernennung aber nicht älter als 65 sein. Diese Altersgrenze kann nach Angaben des IWF mit einer Regeländerung an- oder aufgehoben werden. Dafür ist eine Mehrheit im Gouverneursrat, dem obersten Gremium des Fonds, notwendig.

Mnuchin will Ausnahmeregelung mittragen

Nach Angaben aus EU-Kreisen hat Frankreichs Finanzminister Le Maire mit seinem US-Amtskollegen Steven Mnuchin bereits über die Altersfrage gesprochen. Demnach habe Mnuchin signalisiert, dass die USA eine Regeländerung mittragen würden.

Georgiewa führt derzeit die Geschäfte der Weltbank. Zuvor hatte sie sie schon einmal als Interimspräsidentin geleitet. Bevor die Bulgarin 2017 zur Weltbank zurückkehrte, arbeitete sie mehrere Jahre als EU-Kommissarin in Brüssel. Weltbank-Präsident David Malpass erklärte, Georgiewa lasse ihren Posten nun auf eigenen Wunsch bis zur Bestätigung als IWF-Chefin ruhen. Ihre Nominierung reflektiere ihre Kompetenz in Sachen Wirtschaft, Finanzen und Entwicklungspolitik, so Malpass.

Es geht um die Nachfolge der Französin Christine Lagarde, die an die Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) wechseln soll. Die Führung des Weltwährungsfonds mit Sitz in Washington ist traditionell in europäischer Hand. Georgiewa hat es damit noch nicht an die Spitze des IWF geschafft. Es kann weitere Kandidaten aus anderen Weltregionen geben. "Das ist eine hervorragende Nachricht", sagte Le Maire mit Blick auf die Benennung Georgiewas. "Wir werden alle ihre Kandidatur unterstützen." Sie habe die Kompetenzen, die Erfahrung und die internationale Glaubwürdigkeit, um Lagarde nachzufolgen und mit Talent den IWF zu führen. Das französische Wirtschafts- und Finanzministerium führte die Verhandlungen für die Kandidatenkür der Europäer.

IWF

Der IWF wurde gemeinsam mit der Weltbank mit Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 gegründet. Er soll als weltweites Gremium darüber wachen, dass keine großen Währungsturbulenzen entstehen und zu politischen Unwägbarkeiten führen. Unter anderem vergibt er Kredite an überschuldete und in Zahlungsschwierigkeiten geratene Staaten. Derzeit gehören 189 Mitgliedstaaten der Organisation an.

Bierlein zeigt sich „erfreut"

Zufrieden mit der Kür Georgiewas zeigte sich auch die österreichische Regierung. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein zeigte sich "erfreut", Finanzminister Eduard Müller bezeichnete die Bulgarin aufgrund ihrer "exzellenten Kenntnisse im Finanzbereich" und ihrer Erfahrung als EU-Kommissarin und Weltbank-Mitarbeiterin als "bestmöglich geeignet" für die Nachfolge Lagardes. Auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gratulierte am Samstag via Twitter der Bulgarin, die als der Europäischen Volkspartei (EVP) nahestehend gilt. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gratulierte via Twitter zu ihrer Benennung. 

Georgiewa war im Ringen um die EU-Topjobs auch als mögliche Kommissions- oder Ratspräsidentin gehandelt worden. Beobachter sehen ihre nunmehrige Ernennung im Zusammenhang mit den EU-Postenbesetzungen, bei denen die mittel- und osteuropäischen Mitgliedsstaaten leer ausgegangen waren.

(APA/dpa/Reuters/AFP)

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